Freitag, 29. Mai 2009
Das Europa-Lexikon und warum wir wählen werden
Die Wahlsprüche werden auch im Programm von Funkhaus Europa am Montag um kurz vor 16 Uhr und der zweite Teil kurz vor 18 Uhr laufen.
Update: Die gesendeten Wahlsprüche sind nun bei radiobremen.de zu finden (ganz unten).
Darum gehen wir zur EU-Wahl am 7. Juni
Teil 1:
Teil 2:
Das Europa-Lexikon
Homberger, Joelle: Europäische Relais
Nordholt, Lisa: Weißbuch
Jewtuschenko, Alexander: Vertrag von Lissabon
Bornemann, Sascha: EU-Wahl
Döppler, Katharina: Finanzkrise
Harms, Wiebke: Bürgerbegehren
Maus, Immo: Europäischer Rat
Schmidt, Dominik: Europäische Partei
Lebrato Criado, Vanessa: Europäische Zeitung
Steins, Celina: Klimapolitik und Dänemark
Hoier, Katharina: Europaskeptiker
Bremer, Talassa: Eu-Kommission
Knoche, Philip: Finanzkrise
Hausmann, Susanne: Brüssel
Lakeband, Stefan: Lobbyismus
Rosenmeier, Jana: Klimawandel
Hoock, Maja: EU-Parlament
Zitzer, Svenja: EU-Parlament
Tieg, Alexander: EU_Berichterstattung
Heimerl, Stefan: Lampedusa und Flüchtlingspolitik
Musial, Johannes: Wahlsystem
Walter, Christian: Einfluß auf die deutsche Politik
Die Wahl der Nichtwähler

Was wird gewählt?
Die Europawahl ist die größte supranationale Wahl der Welt. Die Unionsbürger wählen demokratisch das Europäische Parlament. Nach dem Vertrag von Nizza ziehen diesmal 736 Abgeordnete ins Parlament ein, darunter 99 aus Deutschland.
Wie wird gewählt?
Alle fünf Jahre findet die Europawahl statt. Von der EU vorgegeben ist ein Verhältniswahlrecht und der Wahlzeitraum. Die weiteren Entscheidungen liegen bei den Mitgliedsstaaten, ob Sperrklauseln, Wahlpflicht oder Mindestalter. Gewählt werden in jedem Land Kandidaten, die auf regionale oder nationale Listen aufgestellt sind. Meist gehören sie den Landesparteien – wie SPD oder CDU in Deutschland - an. Erst nachdem alle Staaten gewählt haben beginnt die Ergebnisermittlung und die Sitzvergabe.
Wie sieht der Wahlkampf aus?
In Deutschland werden - wie auch bei der Bundestagswahl - den Parteien und politischen Vereinigungen Wahlkampfkosten erstattet. Wurden mindestens 0,5 Prozent der deutschen Stimmen erhalten, gibt es für bis zu 4 Millionen Stimmen 0,85 Euro pro Stimme, darüber hinaus 0,70 Euro pro Stimme. Gemäß Rundfunkstaatsvertrag wird den Parteien und politischen Vereinigungen auch Zugang zu den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten gewährt.
Wer sind momentan die stärksten Fraktionen im Parlament?
Im Europäischen Parlament sitzen europaweite Parteien und Bündnisse, die sich aus den nationalen Parteien rekrutieren. Ein Fraktionszwang herrscht nicht. Mit der größten Abgeordnetenzahl ist derzeit noch die konservative Fraktion aus „Europäischer Volkspartei“ und „Europäischen Demokraten“ (EVP – ED) vertreten, in der auch CDU und CSU Mitglied sind. Zweitstärkste Kraft im Parlament ist die Sozialdemokratische Partei Europ

o ELDR: Europäische Liberale, Demokratische und Reformpartei
o AEN: Allianz für das Europa der Nationen (europaskeptisch)
o EL: Europäische Linke
o EGP: Europäische Grüne Partei
o EDP: Europäische Demokratische Partei (zentristisch)
Was sind die Probleme der Europawahl?
Als großes Defizit hat sich im Laufe der vergangenen Wahlen die geringe Wahlbeteiligung erwiesen. Betrug diese bei der ersten Wahl 1979 noch 67,5 Prozent, so sank sie bis 2004 auf bedenkliche 43 Prozent ab. Damit liegt sie weit unter der Beteiligung von Europas Bürgern bei nationalen Wahlen. Eine besorgniserregend geringe Wahlbeteiligung weisen die neueren östlichen Mitgliedsländer wie Polen, Estland, die Slowakei, Slowenien und die Tschechische Republik auf. Aber auch in Deutschland betrug die Wahlbeteiligung 2004 nur 43 Prozent. Faktisch betrachtet fehlt der EU damit die demokratische Legitimierung seitens der Bürger. Abgewählt durch Nichtwählen. Für die kommende Wahl hofft die EU auf eine erneut steigende Wahlbeteiligung. Für einen erneuten europäischen Aufschwung wäre das unabdingbar.
Die Kreuze auf den Wahlzetteln Anfang Juni werden entscheiden, unter welchem Stern Europa in den nächsten fünf Jahren steht. Gerade in der Wirtschaftskrise ist die Gemeinschaft wichtiger denn je. Europa hat die Wahl. Bürger und Politik sind gefragt. Die EU könnte einen Neuanfang machen oder sich kräftig verzetteln.
(Text: Johannes Musial; Foto des Parlaments: loop_oh / flickr.com CC-Lizenz)
Mittwoch, 27. Mai 2009
Interview mit Sylvie Ahrens
Europa hat viele Stimmen
Plenarsaal des Europäischen Parlaments
25 Journalisten, Öffentlichkeitsarbeiter, PR-Strategen und Studenten aus Bremen und umzu sind aufgebrochen um Licht ins Dunkel ihrer Unwissenheit zu bringen. „Was passiert da eigentlich, in dieser EU?“ könnte der Arbeitstitel unserer Reise auch lauten. Die Teilnehmer haben ganz unterschiedliche Startvoraussetzungen. Manche wissen herzlich wenig über die EU, ihre Institutionen, ihre Arbeitsweisen. Andere haben sich schon in ihrer Diplomarbeit mit den Feinheiten der europäischen Politik auseinandergesetzt. Manche haben im journalistischen Berufsalltag mit der EU-Thematik zu kämpfen, andere interessieren sich aus privatem Antrieb dafür. Eines ist allen gemeinsam: Wir wollen endlich mit eigenen Augen sehen wie Europapolitik gemacht wird.
Das Programm hat einiges zu bieten. Zuerst treffen wir die Co-Direktorin der europäischen Journalistenföderation, Lobbyisten der Bremer Landesvertretung, Parlamentarier der Fraktionen der SPD, der Linken und der CDU. Wir besuchen das Korrespondentenbüro der ARD. Dort macht uns die Hörfunk-Juniorkorrespondentin Sylvie Ahrens ihren Job schmackhaft. Sie berichtet von abendlichen Hintergrundgesprächen bei Schnittchen und Wein, von Live-Interviews am frühen Morgen und von ihrer Faszination für die komplexen Zusammenhänge der EU-Politik (siehe Beitrag mit Interview). Den gelungenen Schlusspunkt unserer Entdeckungsreise setzt der Besuch bei der EU Kommission, wo wir auch am täglichen Pressebriefing teilnehmen können. Erst erklärt uns Jens Mester, Pressesprecher aus dem Team von Kommissionspräsident Barroso, wie in der Kommission gearbeitet wird und wie die Kommunikation mit der Presse funktioniert. Dann treffen wir Martin Selmayr zum Mittagessen. Zwischen Haifischsteak und Zitronencreme erzählt der Sprecher der luxemburgischen Medienkommissarin Viviane Reding von den Tücken seines Jobs: Ein falsches Wort, eine ungenaue Formulierung und die Übersetzer tragen den Fehler in die nationale Presse aller 27 Mitgliedstaaten weiter.
Drei Tage unterwegs in Europas Hauptstadt – geblieben ist das Bild einer gegensätzlichen Stadt. Brüssel transzendiert irgendwo zwischen Tradition und Moderne, verträumt im Morgengrauen versprüht Brüssel spätestens im morgendlichen Berufsverkehr seinen internationalen Charme. Im Herzen der Stadt das Europa-Viertel – ein künstliches Universum aus Glaspalästen und Anzugträgern, deren Welt wir kennenlernen durften.
Am Ende waren diese drei Tage, vollgepackt mit Begegnungen, Eindrücken, Informationen. Vieles erscheint nun klarer: Wie entstehen Gesetze auf Europaebene? Was machen die Parlamentarier den lieben langen Tag? Vorurteile über die Brüsseler Eurokraten konnten abgebaut werden. Zu den zahlreichen Antworten, die wir gefunden haben, kommen auch neue Fragen: Warum verkauft sich die EU so schlecht in den deutschen Medien? Muss erst jeder Bürger selbst nach Brüssel fahren, um die EU zu verstehen? Trotzdem: Man hat den Eindruck, dass sich ein paar Teile im großen Puzzle Europa zusammengefügt haben. Um die einzelnen Mechanismen der EU Politik restlos zu durchschauen, müsste man wohl mindestens ein Jahr hier verbringen. Doch bleibt nach diesen Tagen irgendwie-ein positives Gefühl. Die Europäische Union ist doch besser als erwartet. Oder, um es mit den Worten der Europaabgeordneten Karin Jöns zu sagen:
Wer uns findet – findet uns gut!
(Anne Katrin Burghartz und Susanne Hausmann)
Europawahlen im Superwahljahr
Im Moment geht man von einer Wahlbeteiligung von etwa 50 Prozent aus, das wäre immerhin ein leichtes Plus gegenüber den letzten Wahlen 2004. Doch der Trend ist erschütternd. Die ersten Europawahlen verzeichneten noch eine Wahlbeteiligung von stolzen 66 Prozent. Zwar immer noch weit unter dem Niveau einer gewöhnlichen Bundestagswahl, aber immerhin eine Mehrheit der Bevölkerung.
Doch nicht nur die geringe Wahlbeteiligung lässt bei fortsetzendem Trend die demokratische Legitimation der EU in Frage stellen. Auch andere Umfrageergebnisse erschüttern. So wusste bei einer Eur

Woran das mangelnde Interesse liegt, ist schwer zu beurteilen. Auch Dr. Helga Trüpel, EU-Abgeordnete für Bündnis90/Die Grünen, konnte es nicht genau benennen. Nur an den Politikern liegt es ihrer Ansicht nach nicht. Auch die Bürger selbst und die Medien tragen ihren Anteil.
Generell ist bei der Europawahlen problematisch, dass vorwiegend nationale Themen im Wahlkampf vorherrschen. Alleine die Wahlplakate lassen erst auf den zweiten Blick erkennen, dass es nicht um die Bundestagswahlen geht, sondern dass auch EU-Politik hier eine wichtige Rolle spielt. Das ist kein Phänomen von Deutschland allein. Auch andere EU-Länder setzen auf nationale Themen. Ob das in Großbritannien die Sicherheitspolitik, in Rumänien die Staatskrise oder in Spanien die Flüchtlingsmigration ist. Rein EU-spezifische Themen scheinen im Hintergrund zu stehen, obwohl durchaus unterschiedliche Ansichten der Parteien bei Themen wie die Mitgliedschaft der Türkei, oder gar der Zustimmung zum Lissaboner-Vertrag bestehen.
So recht mag man in der nationalen Politik die Rolle der EU noch nicht einordnen. Es scheint einfach noch eine europäische Sichtweise zu fehlen. Helga Trüpel bestätigte das auch durchaus in einigen Punkten. Die Europäische Union heißt eben nicht die „Vereinigten Staaten von Europa“.
(Text: Dominik Schmidt; Foto: Awaya-Legends/flickr.com CC-Lizenz)
Donnerstag, 21. Mai 2009
Und noch zwei Wahlspots
Die Straßencobra alias Oliver Pocher
Mittwoch, 20. Mai 2009
Wie bürgernah oder bürgerfern ist die Europäische Union?
Um dieser Entwicklung entgegen zu wirken hat die EU-Kommission ein sogenanntes Weißbuch mit Vorschlägen und Methoden zur europäischen Kommunikationspolitik erarbeitet. Mit diesen Grundsätzen soll das Desinteresse vieler Bürger verringert werden. Das Weißbuch beinhaltet folgende sieben Punkte:
- Verbesserung des Austauschs in der politischen Bildung und die Entwicklung gemeinsamer Unterrichtsmaterialien
- digitale Vernetzung der europäischen Bibliotheken
- Schaffung neuer Begegnungsstätten für die Europäer
- Ausweitung der Programme für Besuche von Bürgern bei den Institutionen
- Ergänzung des EU-Internetangebots durch Online-Foren
- Überprüfung der Mindeststandards für Konsultationen in Hinblick auf eine ausgewogenere Vertretung der Interessengruppen
- Veranstaltung gemeinsamer offener Diskussionen, auf denen die drei großen Institutionen Fragen aus der Öffentlichkeit beantworten.
Wie bürgernah ist Ihrer Meinung nach die EU?
Bürgernahe Politik entsteht, wenn auf transparente Art und Weise Entscheidungen getroffen werden, die für die Menschen nachvollziehbar sind. Da das politische System der Europäischen Union sehr komplex ist, müssen große Anstrengungen unternommen werden, um die Teilhabe der Menschen an den Prozessen zu garantieren.
Eine wichtige Grundlage hierfür ist der Lissabon-Vertrag. Für eine demokratischere EU muss dieses Verfassungswerk ratifiziert werden.
Wie erreichen Sie als Abgeordnete Bürger und welche Kanäle nutzen Sie hierfür?
Als Abgeordnete informiere ich auf meiner Homepage über aktuelle politische Entwicklungen. Zudem nutze ich Facebook und Twitter, um auf Neuigkeiten aufmerksam zu machen.
Am wichtigsten ist jedoch der direkte Kontakt mit den Bremerinnen und Bremern: Ich bin regelmäßig bei Terminen zu Gast oder lade selbst ein zu Diskussionsveranstaltungen. Hier bietet sich mir die Möglichkeit, über meine Arbeit zu berichten und den Menschen zu erklären, wie EU-Politik in Bremen wirkt. Über meine Büros in Bremen und Brüssel bin ich zudem immer für direkte Anfragen erreichbar.
Wo sehen Sie Defizite und Verbesserungsmöglichkeiten, um die Akzeptanz der EU zu stärken?
Zu vielen Menschen fehlt ein direkter Bezug zu europäischer Politik, was zum Teil daran liegt, dass aktuelle Themen auf EU-Ebene fast keine Rolle in den nationalen Medien spielen. Das muss sich ändern! Aber auch die Akteure im politischen System müssen kontinuierlich daran arbeiten, europäische Politik greifbar und verständlich zu machen. Eine Akzeptanz der EU erwächst nicht allein aus einem gut funktionierenden Binnenmarkt, sondern aus dem Bewusstsein, dass man in einer Wertegemeinschaft lebt, die neben ökonomischen Vorteilen vor allem kulturelle Bereicherung bietet.
Im Rahmen der Vorlesung erklärte der Vorsitzende der Europa-Union, Hermann Kuhn: „Für mich ist Bürgernähe gleichzusetzen mit Bürgerrechten.“ Ganz vorne auf seiner Wunschliste steht deswegen ein stärkeres Parlament in der EU – ein Punkt, der im Reformvertrag auftaucht. Genauso ist ihm das Recht auf Bürgerinitiativen wichtig. Auch dieser Punkt findet sich im Reformvertrag; es ist das sogenannte Bürgerbegehren. Wer eine Millionen Unterschriften zu einem bestimmten Thema aus verschiedenen EU-Ländern sammelt, kann damit die Kommission zwingen, einen Vorschlag zur Änderung von EU-Recht vorzulegen. Kurz gesagt: Wer eine Millionen Stimmen sammelt, was bei 491 Millionen EU-Einwohnern gerade mal 0,2 Prozent sind, kann Themen auf die Agenda der Kommission bringen und so an der Gesetzgebung teilhaben. Ein direktdemokratisches Mittel. (Auch das Bürgerbegehren ist im Reformvertrag verankert.) das ist doppelt.
Hermann Kuhn ist einer von 35 Bremern, die sich im Verein „Europa Union“ für Brüssel stark machen. „Wir sind ein echter Bürgerverein“, erzählt er. Die schon 1947 in Syke gegründete Europa Union gehört zum Dachverband der Unabhängigen Europäischen Föderalisten und agiert überparteilich.
(Text: Immo Maus und Wiebke Harms)