Freitag, 28. Mai 2010
Europa und seine Institutionen
Ein Beitrag von Moritz Herrmann und Maik Stieler
Europäisches Parlament:
Das EU-Parlament wird seit 1979 alle fünf Jahre von den Bürgern der EU-Mitgliedsstaaten gewählt. Jeder Mitgliedsstaat entsendet eine Anzahl von Abgeordneten, die seine Bevölkerungsgröße repräsentiert. Er Sitz des Parlaments ist in Straßburg, dort hält das Parlament einmal monatlich eine viertägige Plenarsitzung ab. Die Ausschüsse und Arbeitsgruppen tagen in Brüssel. Das Sekretariat des Parlaments befindet sich in Luxemburg.
- Das Parlament entscheidet beim EU-Gesetzgebungsverfahren mit, in Zusammenarbeit mit dem Ministerrat
- Das Parlament kann Untersuchungsausschüsse einsetzen
- Ernennung der Europäischen Kommission und des Kommissionspräsidenten bedarf der mehrheitlichen Zustimmung des Parlaments
- Das Parlament kann die Kommission zu Gesetzgebungsinitiativen auffordern
Europäischer Rat:
Der Europäische Rat setzt sich zusammen aus den Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedsstaaten und dem EU-Kommissionspräsidenten. Erst mit dem Vertrag von Lissabon wurde der Europäische Rat als offizielles Organ der EU institutionalisiert, vorher galt er als ständige Einrichtung. Der Rat kommt zweimal pro Halbjahr in Brüssel zusammen, zu Themen von besonderer Bedeutung kann es einen Sondergipfel geben.
- Der Europäische Rat bestimmt die Leitlinien der europäischen Politik
- D.h. der Rat erteilt konkrete politische Aufträge an den Ministerrat
- Der Rat bittet die EU-Kommission, entsprechend seiner Beschlüsse zur europäischen Leitlinienpolitik tätig zu werden.
Rat der Europäischen Union (Ministerrat):
Im Ministerrat sind die EU-Mitgliedsstaaten durch ihre Fachminister vertreten. Je nach Thematik ändert sich demnach die Zusammensetzung des Rates, z.B. bilden bei einer Sitzung zur europäischen Geldpolitik/Euro-Politik die Finanzminister den Finanzrat. Der Ministerrat entscheidet in der Regel nach dem Mehrheitsprinzip: dafür müssen im Rat 55 Prozent der Mitglieder zustimmen und dabei 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren. Der Vorsitz des Rates wechselt halbjährlich zum 1. Januar sowie zum 1. Juli. Im Ministerrat geht es vor allem darum, die nationalen Interessen der Mitglieder durch Kompromissentscheidungen auf europäischen Kurs zu bringen.
- Der Ministerrat beschließt gemeinsam mit dem EU-Parlament die europäischen Gesetze (europäisches Gesetzgebungsverfahren)
- Der Ministerrat bereitet die Treffen des Europäischen Rates thematisch vor und nimmt sich nach einem Europäischen Rat der neuen Aufträge bzw. Leitlinienpolitik an.
Europäische Kommission:
Die Europäische Kommission setzt sich zusammen aus 26 Kommissaren/Kommissarrinnen, den Vorsitz hat der Kommissionspräsident. Jeder EU-Mitgliedsstaat entsendet einen Kommissar, die Mitglieder der Kommission sollen aber unabhängig von nationalpolitischen Weisungen arbeiten und nur dem gesamteuropäischen Interesse verpflichtet sein. Der Kommission kann vom Parlament das Misstrauen ausgesprochen werden. Der Kommissionspräsident wird von den Regierungen der Mitgliedsstaaten vorgeschlagen und vom Parlament bestätigt. Die Beschlüsse fasst die Kommission mit einfacher Stimmmehrheit, die Amtszeit ist auf fünf Jahre begrenzt.
- Die Kommission erarbeitet/entwürft alleinig Gesetze (Initiativrecht), über die Parlament und Ministerrat dann abstimmen
- Die Kommission kann seit dem Vertrag von Lissabon auch mit einem Bürgerbegehren aufgefordert werden, sich eines bestimmten Anliegens anzunehmen.
Europäischer Gerichtshof:
Der Europäische Gerichtshof sitzt in Luxemburg und schwebt als wachende Instanz über dem institutionellen Machtdreieck, das die Kommission, das Parlament und der Ministerrat bilden. 27 Richter/innen – aus jedem EU-Mitgliedsstaat eine/r – sitzen für dann sechs Jahre Amtszeit in Luxemburg und können de facto von jedem angerufen werden: EU-Mitgliedsstaat, EU-Organ oder individuell betroffene EU-Bürger und Unternehmen.
- Der EuGH sichert die Auslegung des EU-Rechts bei der Auslegung und Anwendung der europäischen Verträge
- Der EuGH sichert das System der checks and balances, d.h. er entscheidet bei Streitigkeiten zwischen EU-Organen über Befugnishoheit
- Der EuGH überprüft die Gesetzesinitiativen der Kommission auf EU-Rechtstauglichkeit und entscheidet über Rechtmäßigkeit von Bußgeldern.
EU-Mitgliedschaft:
Der Vertrag von Lissabon sieht vor, dass jeder europäische Staat EU-Mitglied werden kann, wenn er die Werte, Normen und Gesetze, auf denen die Union fußt, achtet. Eine exakte Definition, was europäisch ist (und was nicht), gibt der Vertrag nicht vor. Die Öffnung der EU nach Osten und die Verhandlungen mit der Türkei zeigen, dass historische, kulturelle und geographische Faktoren zwar eine Rolle spielen, aber nie bindend sind. Wirtschaftliche und politische Gemeinsamkeiten spielen gleichsam in ein europäisches Verständnis hinein.
Die Kopenhagener Kriterien:
Im Juni 1993 kam der Europäische Rat in Kopenhagen zusammen und konkretisierte die Anforderungen an etwaige Beitrittsländer. Diese Kopenhagener Kriterien gelten auch heute noch als Maßstab bei Beitrittsverhandlungen oder auch nur –erwägungen. Allerdings zielen auch sie vor allem auf politische und wirtschaftliche Bedenken und lassen z.B. Kulturelles unerwähnt.
1. Politisches Kriterium: "Institutionelle Stabilität als Garantie für demokratische und rechtsstaatliche Ordnung, für die Wahrung der Menschenrechte sowie die Achtung und den Schutz von Minderheiten."
2. Wirtschaftliches Kriterium: "Eine funktionsfähige Marktwirtschaft sowie die Fähigkeit, dem Wettbewerbsdruck und den Marktkräften innerhalb der EU standzuhalten."
3. Acquis-Kriterium: „Die Fähigkeit, alle Pflichten der Mitgliedschaft – d.h. das gesamte Recht sowie die Politik der EU (den sogenannten "Acquis communautaire") – zu übernehmen, sowie das Einverständnis mit den Zielen der Politischen Union und der Wirtschafts- und Währungsunion.“
Geschichte der EU-Erweiterung:
Deutschland, Frankreich, Italien, Belgien, Luxemburg und die Niederlande gehörten zu den Gründungsstaaten von EGKS, EWG und Euratom. Diese Europäischen Gemeinschaften waren wirtschaftlicher Natur und werden wegen ihrer auf supranationale Kooperation ausgelegten Struktur als Vorläufer der Europäischen Union verstanden. Seither hat es fünf Erweiterungsrunden gegeben:
• 01.01.1973: Dänemark, Irland, Großbritannien
• 01.01.1981: Griechenland
• 01.01.1986: Portugal, Spanien
• 01.01.1995: Österreich, Schweden, Finnland
• 01.05.2004: Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowenien, Slowakei, Tschechische Republik, Ungarn, Zypern
• 01.01.2007: Beitritte von Bulgarien und Rumänien (Abschluss der fünften Erweiterungsrunde)
Derzeit umfasst die Europäische Union 27 Mitgliedsstaaten. Über weitere Beitritte wird verhandelt bzw. diskutiert. Seit dem 3. Oktober 2005 wird mit der Türkei und mit Kroatien über einen Beitritt verhandelt
• Mazedonien ist seit dem Europäischen Rat vom 15. und 16. Dezember 2005 ein offizieller Beitrittskandidat, ein Beschluss über die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen wurde aber noch nicht gefasst
• Die übrigen Staaten des westlichen Balkangebietes (Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Serbien) haben den Status potenzieller Beitrittskandidaten inne. Montenegro und Albanien haben Beitrittsgesuche eingereicht, die der Europäischen Kommission zur Prüfung vorliegen
• Island hat im Juli 2009 einen Antrag auf Mitgliedschaft in der Europäischen Union gestellt
Erweiterungsstrategie der Europäischen Kommission:
Die Europäische Kommission will 2010 in den Beitrittsverhandlungen mit der Türkei Fortschritte erzielen. Bei Kroatien wird der Abschluss der Beitrittsverhandlungen anvisiert. Im Frühjahr 2010 soll außerdem eine Stellungnahme zum isländischen EU-Beitrittsgesuch vorgelegt werden. Bei den Ländern des westlichen Balkan wird darauf geachtet, dass Reformerfolge gesichert und unumkehrbar gemacht werden. Die entsprechenden Staaten sollen so an die EU-Norm herangeführt werden. Im Fokus stehen ganz besonders Kriterien wie gute Regierungsführung, umfassende Verwaltungs- und Justizreformen, sowie Korruptionsbekämpfung.
Langfristiges Ziel der Erweiterungsstrategie ist und bleibt, Europa bzw. die EU als global player zu etablieren und maximieren. Ein geeintes Europa kann sich einer aktiven Rolle in der globalen Politik annehmen – bzw. tut es schon. Durch die fünfte Erweiterungsrunde ist die EU zumindest in wirtschaftlicher Hinsicht schon konkurrenzlos, denn der entstandene EU-Binnenmarkt stellt die größte Wirtschaftszone der Welt.
Mittwoch, 12. Mai 2010
„Europa eine Seele geben“

Helga Trüpel berichtet aus dem Alltag einer EU-Abgeordneten - Hintergrund, Probleme und Zukunft der Europäischen Union"
Von Maria Wokurka, Neele Knetemann und Elena Zelle
„Die Mitgliedsstaaten schicken nicht gerade die stärksten Politiker nach Brüssel“, sagt Trüpel. Das sei ein Grund für die geringe Wahlbeteiligung. Beispielsweise wäre Steinmeier besser für ein Amt auf europäischer Ebene geeignet gewesen als Oettinger. Momentan hingen aber Personalien der EU eher von nationalen als von europäischen Gesichtspunkten ab. Trüpel bezeichnet das als „Versagen der politischen Elite“. Auch spiele die EU nur in überregionalen Medien eine Rolle, in der lokalen Presse werde das Thema vernachlässigt. „Man muss aber die Logik der EU verstehen“, sagt Trüpel. „Die EU ist sehr komplex organisiert, deshalb müsste viel darüber vermittelt werden.“ Die Politiker und die Medien hätten daher eine „Bringschuld“; die Bürger allerdings auch eine „Holschuld“ – ein gewisses Maß an Interesse sollten sie für Europa schon aufbringen, so Trüpel. „Die Bürgerinnen und Bürger werden sich niemals in den Binnenmarkt in der EU verlieben“, sagt Trüpel. Deshalb muss man „Europa eine Seele geben“, fordert die Abgeordnete in ihrer Bewerbungsrede um einen Listenplatz bei den Grünen. Dazu müsse „der große Schatz“ verschiedener Sprachen, Kulturen und Milieus durch Austausch zugänglich gemacht werden. „Es geht um Begegnungen untereinander und um gegenseitige Akzeptanz und Verständnis“, erklärt sie. Das würde beispielsweise durch Erasmus-Programme ermöglicht.
Helga Trüpel zog 2004 erstmals ins europäische Parlament ein und wurde 2009 wiedergewählt. Zuvor war sie in der Bremischen Bürgerschaft. Seit 1980 ist sie Mitglied in der Partei der Grünen. In den neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts war sie in Bremen Senatorin für Kultur und Ausländerintegration. Im europäischen Parlament arbeitet sie in verschiedenen Bereichen: Sie ist stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses für Kultur, Medien, Bildung und Sport, Mitglied des Haushaltsausschusses und Sprecherin der 14 grünen Abgeordneten, die aus Deutschland kommen. Trüpel versucht mit ihrer Fraktion vor allem ökologische Interessen durchzusetzen, dabei stünden nationale oder regionale Aspekte im Hintergrund. Beispielsweise fordern die Grünen, den Standort Straßburg aus ökologischen Gründen aufzugeben. Dafür gibt es allerdings keine Mehrheit: Die Grünen haben nur 55 von 735 Sitzen im EU-Parlament inne. Trüpel sieht diese Situtaton als ständige Herausforderung. Gerade seit der letzten Wahl haben sich die Mehrheitsverhältnisse zu Gunsten der Konservativen verschoben, daher müssen viele Kompromisse gemacht werden, so Trüpel. Mit einer Einschränkung: von diesen Kompromissen seien aber Abgeordnete, die Gegner der EU sind, ausgeschlossen. Über ein weiteres Thema sind die Parlamentarier sich einig: „Bei der Finanzkrise in Griechenland steht viel auf dem Spiel, sogar der Zukunft der Währungsunion“, sagt Trüpel. Sowohl Brüssel als auch Griechenland haben Fehler gemacht: Brüssel hätte früher einschreiten sollen und Griechenland „rechtzeitig auf die Finger klopfen müssen“. Griechenland habe „dramatische Fehler“ gemacht: Keine regelmäßigen Steuerzahlungen der Bürger, Korruption und die Ablehnung von EU-Kontrollen; zum Beispiel, als Eurostat nicht ins Land gelassen wurde. Das Land habe sich die Situation selbst zuzuschreiben, daher sei es richtig hart gegen Griechenland vorzugehen, so Trüpel. Bundeskanzlerin Angela Merkel habe in dieser Frage deshalb nicht nationalistisch sondern im Sinne Europas gehandelt, meint die Abgeordnete. Aber auch darüber gibt es aber innerhalb der Grünen heftige Debatten.
Portrait: Christoph Sodemann

Der Südosten On-Air
„Europäische Themen finden bei uns statt, wenn sie sich auf Bremen ‚runterbrechen’ lassen“, sagt Sodemann. Als Beispiel gibt er den Tod von Polens Präsident Lech Kaczynski an – Center.tv hat sich mit den Reaktion und Empfindungen der rund 30.000 in Bremen lebenden Polen beschäftigt. Sodemann glaubt, dass für viele Menschen die EU weit weg ist und sie vermeintlich nicht in ihrem täglichen Leben direkt betrifft. Die geringe Berichterstattung sieht er aber nicht als EU-spezifisches Problem: „Ich sehe eher generell bei den TV-Stationen eine Abkehr von Tiefgründigem.“
Wie schwer es ist, Sendematerial aus dem Ausland zu verkaufen, hat Christoph Sodemann mit seiner Südost-Medienagentur in Serbien und Bulgarien selbst erlebt. Während der Balkan-Kriege waren Berichte aus der Region gefragt – mit Ende der kriegerischen Auseinandersetzungen sank auf einmal die Nachfrage. „Viele freie Korrespondenten haben einen massiven Auftragseinbruch hinnehmen müssen“, erinnert er sich. Oft werden in Deutschland nur Beiträge gesendet, die ein bereits bestehendes Bild verstärken. „Die Filme der Journalisten, die ich in Bulgarien ausgebildet habe, waren ganz anders. Sie waren kraftvoller und haben Menschen gezeigt, die anpacken und ihr Leben meistern wollen. In Westeuropa werden die Menschen auf dem Balkan aber vor allem in ihrer Funktion als Opfer gezeigt.“
Für ein EU-Medienprojekt hat seine Agentur Bilder aus der Region geliefert – bestellt wurden im Auftrag der Europäischen Kommission ausschließlich positive Impressionen. „Straßenhunde in Sofia oder so was in der Art durften da nicht zu sehen sein“, so Sodemann. Einen Konflikt in seiner Aufgabe als neutraler Journalist sieht er nicht. „Es wird wirklich oft einseitig berichtet, deswegen war es für mich kein Problem, Bilder zu liefern, die etwas anders zeigen.“
Er selbst glaubt, dass die Menschen in der Region selbst gar nicht groß mitbekommen, was ein EU-Beitritt für sie ändern würde (Serbien ist noch kein offizieller Beitrittskandidat). In Bulgarien hingegen (seit 2007 Mitglied der EU) wurden EU-Subventionen gestrichen, weil das Land große Probleme mit der Korruption hat. „Das hat aber mit dem normalen bulgarischen Bürger nichts zu tun. Es herrscht deswegen schon eine gewisse EU-Skepsis in dem Land“, sagt Sodemann. Themen, die die Menschen zum Beispiel in Serbien täglich beschäftigen, fördern zudem die EU-Skepsis. Nach wie vor ist es schwierig und sehr bürokratisch, ein Visum für die Einreise in ein EU-Land zu bekommen. Christoph Sodemann weiß das aus eigenen Erfahrungen: „Meine Freunde und Bekannte in Serbien würden sich über eine Schlagzeile zum Thema Europa ganz besonders freuen:‚Visa-Bestimmungen gelockert’“.
Montag, 22. März 2010
Der Balkan und die Europäische Union

Neslihan Yildiz
Seit dem endgültigen Zerfall des ehemaligen Jugoslawien liefern sich die übriggebliebenen Teilstaaten ein abwechslungsreiches Kopf an Kopf Rennen um die Gunst der Europäischen Union.
Einen Sieger hat das Rennen bereits: Die Republik Slowenien. Im Mai 2004 wird das Land als eines von zehn Beitrittsländern ein Mitgliedsstaat der Europäischen Union und führt drei Jahre später den Euro ein. Anderen Balkanstaaten geht, wie es scheint, trotz vielversprechendem Start, langsam die Puste aus.
Kroatien: Seit 2004 ist die Republik Kroatien bereits Beitrittskandidat der Europäischen Union. Beitrittsverhandlungen werden seit 2005 geführt.
Bosnien und Herzegowina: Obwohl der EU-Beitritt von vielen Politikern befürwortet wird, hat die Republik Bosnien und Herzegowina noch keinen Beitrittsgesuch gestellt.
Serbien: Ende 2009 reicht die Republik Serbien nach jahrelangem hin und her ihre Bewerbung um eine EU-Mitgliedschaft offiziell ein. Solange der außereuropäische Streit um die Zugehörigkeit des Kosovo nicht beigelegt ist, wird es zu keinem baldigen Beitritt Serbiens in die EU kommen.
Montenegro: Die Republik Montenegro verkündet ihre Unabhängigkeit später als die meisten Teilstaaten des ehemaligen Jugoslawien. Dennoch schafft sie es, 2006 innerhalb desselben Jahres nicht nur von der Europäischen Union als unabhängiger Staat anerkannt zu werden, sondern auch die Verhandlungen eines Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen (SAA) für die Aufnahme in die EU abzuschließen. Montenegro gilt zurzeit als „Potentieller Beitrittskandidat“. Montenegrinische Staatsbürger können seit Dezember des vergangenen Jahres visumfrei in die EU einreisen.
Mazedonien: Die Republik Mazedonien ist seit 2005 Beitrittskandidat der Europäischen Union. Beitrittsverhandlungen liegen derzeit auf Eis. Griechenland stellt sich quer. Weil der Name „Mazedonien“ griechischen Ursprungs sei, beansprucht Griechenland den Namen Mazedonien für sich. Solange dieser Namenstreit nicht beigelegt ist, ist die Aufnahme Mazedoniens in die EU unwahrscheinlich.
Kosovo: 2008 erklärt das Kosovo seine Unabhängigkeit und löst sich vom Mutterland Serbien. Bisher erkennen nur 65 der 192 UN-Mitgliedstaaten Kosovos Unabhängigkeit an. Auch Griechenland, Rumänien, die Slowakei, Spanien und Zypern verweigern ihre Anerkennung. Für einen Beitritt ist die Zustimmung aller EU–Mitgliedstaaten notwendig. Das Kosovo ist zurzeit ein Rektorat der UNO und der EU. Die Republik Kosovo wird dennoch zu den „potentiellen Kandidatenländern“ der Europäischen Union gezählt.
Die Republik Kosovo liegt im Rennen um die Gunst der Europäischen Union ganz klar ganz hinten. Spannungen außerhalb der Europäischen Union erschweren den Beitritt zusätzlich. Die Republik Serbien weigert sich die Unabhängigkeit des Kosovo anzuerkennen und besteht auf einen EU-Beitritt gemeinsam mit dem Kosovo als eine zu Serbien gehörige Provinz. Andererseits gibt es Stimmen innerhalb des Landes, die auf einen alleinigen EU-Beitritt hoffen, um im Nachhinein den Beitritt des Kosovo zu verhindern. Die Europäische Union verlangt von beiden Staaten diesen Streit zu schlichten. Laut weiteren Forderungen der EU muss die Republik Kosovo, ähnlich wie die Türkei, ihre demokratischen Strukturen erweitern. Besonders die Parteienlandschaft bedarf mehr Stabilität. Korruption, Schattenwirtschaft, ethnische Spannungen und wirtschaftliche Probleme müssen behoben werden.
Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen der EU
Wenn ein Staat die Mitgliedschaft der Europäischen Union anstrebt, muss dieser zunächst ein Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen (SAA) mit der EU abschließen. Um mehr Stabilität in dem jeweiligen Land zu schaffen, wird durch das SAA die Wirtschaft des jeweiligen Landes an die Europäische Union gebunden. Zur Schaffung politischer Stabilität werden in einem SAA unterschiedliche Anforderungen an die jeweiligen Bewerbungsländer gestellt. Die Teilstaaten des ehemaligen Jugoslawien garantieren in ihren Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen unter anderem die vollständige Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof zur Verfolgung von Kriegsverbrechen, die seit 1991 in den Jugoslawienkriegen begangen wurden.
Der Internationale Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien
Das International Criminal Tribunal for the former Yugoslavia (ICTY) wird 1993 durch eine Resolution des UN-Sicherheitsrats geschaffen und hat seinen Sitz in Den Haag. Das Tribunal ist zuständig für die Verfolgung und Verurteilung von Verbrechen, die seit 1991 in den Jugoslawienkriegen begangen wurden. Die Befugnisse der Strafverfolgung des ICTY werden unterteilt wie folgt in vier Kategorien: schwere Verletzungen der Genfer Konventionen, Verstöße gegen die Gesetzte des Krieges (ius ad bellum) Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Das ICTY umfasst ausschließlich natürliche Personen (keine Organisationen/Regierungen).
1994 nimmt das Tribunal seine Tätigkeit voll auf. 161 richterlich bestätigte Anklageschriften gegen Verdächtigte werden seither veröffentlicht. In den rechtlichen Urteilen kommt es bislang zu 51 Schuld- und 5 Freisprüchen. In 36 der Fälle wird die Anklage zurückgezogen. Drei der Angeklagten sind noch auf der Flucht.
Der Fall Slobodan Milosevic
1990 wird Milosevic Präsident Serbiens. 1997 ist er Präsident der Bundesrepublik Jugoslawien. Milosevic ist ein jugoslawisch-serbischer Politiker, Vorsitzender im Bund der Kommunisten Jugoslawiens und der 1990 gegründeten Nachfolgepartei Sozialistische Partei Serbien.
2002 wird zum ersten Mal in der Rechtsgeschichte an einem internationalen Strafgerichtshof Anklage gegen ein noch amtierendes Staatsoberhaupt erhoben.
Das Internationale Gerichtstribunal in Den Haag wirft Slobodan Milosevic insgesamt 66 Klagepunkte in drei Anklageschriften vor. Er muss sich vor Gericht für Massenvertreibungen, Deportationen, Angriffe und Morde an Zivilisten im Kosovo, in Bosnien und Kroatien während der Jugoslawienkriege seit 1991 verantworten. In der Anklageschrift des Internationalen Gerichtshof heißt es unter anderem:
„Slobodan Milosevic is indicted for (…) murder of hundreds of Kosovo Albanian civilians – men, woman and children. (…) The sexual assault against Kosovo Albanians, in particular women. (…) The deportation or forcible transfer of at least 170000 Croat and other non-Serb civilians (…).”
Milosevic erkennt den Internationalen Gerichtshof von Anfang an nicht als legitim an und darf sich selbst verteidigen. Die Gerichtsverhandlungen werden häufig unterbrochen. Entweder weil Milosevic erst gar nicht zu den Prozessterminen erscheint, oder, weil er das Gericht zeitweilig als geeigneten Ort für politische (Verteidigungs-) Reden betrachtet. Das Gerichtsverfahren verläuft schleppend und aufwendig. Über 400 Zeugen werden vernommen. 200 Videos und noch mehr Akten und Dokumente werden als Beweismaterial gesichert.
2006 ist die Beweisaufnahme weitestgehend abgeschlossen. Im selben Jahr soll ein Urteil gesprochen werden. Am
Mittwoch, 1. Juli 2009
Ergebnisse der Europawahl 2009

Wie schon zu erwarten war, ging nicht mal jeder zweite Deutsche am 7. Juni zur Urne. Und die Betrachtung der Ergebnisse fiel sehr unterschiedlich aus: Von der viel zitierten „Denkzettelwahl“ über „Fingerzeig für die Bundestagswahl“ bis hinzu zur „Wahl ohne Aussagekraft“.
Europawahl in Deutschland: „Schlechter als erhofft“
Insgesamt 99 Sitze beansprucht Deutschland im Europäischen Parlament für sich und die galt es bei der Wahl am 7. Juni 2009 neu zu besetzen. Gewählt haben 43,3 Prozent der Bevölkerung, womit Deutschland knapp über dem EU-Durchschnitt von 42,94 Prozent liegt. Das beste Ergebnis konnte die CDU
Wenn man von einem Verlierer sprechen kann, so ist es in diesem Fall wohl die SPD, die mit 20,8 Prozent ein relativ schlechtes Ergebnis erreichte und knapp ein Prozent im Vergleich zur vorangegangenen Wahl im Jahr 2004 verloren hat. Die Wahl sei insgesamt „enttäuschend“ und „deutlich schlechter als erhofft“ ausgegangen, äußerte sich anschließend SPD-Chef Franz Müntefering.

Da die Europawahlen vielerorts als Vorzeichen für die deutsche Bundestagswahl am 27. September 2009 angesehen werden, zeichnet sich nun vor allem für die SPD ein düsteres Bild. Ob sich diese Vorahnung bestätigen wird, bleibt natürlich abzuwarten, zumal das schlechte Abschneiden vonseiten der Partei auf die eher geringe Wahlbeteiligung geschoben wird.
Europawahl in Bremen: „Einzigartig“ und „bedauerlich“
Das Land Bremen lag zwar mit einer Wahlbeteiligung von 38,9 Prozent noch unter dem schon nicht wirklich atemberaubend hohen Bundesergebnis, doch immerhin kann man sich in einer Beziehung als „einzigartig“ bezeichnen. Es ist das einzige Bundesland, in der die SPD die meisten Stimmen sammeln konnte. Mit 29,3 Prozent lag man zwar 1,2 Prozent unter dem Ergebnis von 2004, behielt aber die Oberhand über der CDU, die auf 24,5 Prozent (-3,5) kam. Dahinter folgten die Grünen, die mit ihren 22,1 Prozent nur minimale Verluste (-0,2) verzeichnen mussten. Zulegen konnten dagegen FDP (8,9 Prozent) und Linke (7,2 Prozent), die ein Plus von 2,5 bzw. 3,5 Prozent verbuchen konnten.
Doch welche Auswirkungen haben diese Resultate für das Bundesland Bremen? Der größte Unterschied zum Wahlergebnis von 2004 ist, dass mit Helga Trüpel (Grüne), die mit ihrem Listenplatz neun eines der 14 Mandate ihrer Partei für das Europaparlament erhalten hat und somit in Straßburg bleiben darf, nur noch eine Bremer Abgeordnete vertreten. Der Grund dafür ist das schlechte Abschneiden der SPD, wodurch Karin Jöns (Listenplatz 25, bei 23 Mandaten) ihre Koffer packen muss. Seit 1994 war sie Mitglied des Europäischen Parlaments gewesen. Der Bremer SPD-Chef Uwe Beckmeyer nannte dies eine „bedauerliche Entwicklung“ und lobte Karin Jöns als „hochrangige Stütze der SPD-Fraktion in der Europapolitik“. Bremen hat damit die Hälfte seiner Stimmen in Europa verloren...
Insgesamt überwiegt die Ernüchterung über die wieder sehr gering ausgefallene Wahlbeteiligung. Während der niedersächsische SPD-Chef Garrelt Duin darin den Grund für das schlechte Abschneiden seiner Partei sieht, bezeichnete Cornelia Barth, Landesvorstandssprecherin der Bremer Linken, sie als „erschreckend“ und sagte, dass den Bremer Bürgern nicht klar sei, wie viel Einfluss sie mit ihrer Stimme haben. Dorothea Steiner, Chefin der niedersächsischen Grünen, erklärte sich die geringe Wahlbeteiligung mit mangelndem Wissen innerhalb der Bevölkerung. „Es ist schade, dass nicht mal die Hälfte der Bürger von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht hat und sich offenbar für das Thema Europa nicht interessiert“, sagte der niedersächsische Landesvorsitzende der FDP Philipp Rösler.
Fazit: Die Bremer Bürger liegen voll im landesweiten Trend der Ignoranz, Wissenslücken, Vorurteilen und des mangelnden Interesses gegenüb
(Text: Svenja Zitzer & Sascha Bornemann)
Bild: www.europarl.europa.eu (Wahl-Logo)
Grafik: www.bundeswahlleiter.de (Bundesergebnis)