Mittwoch, 20. Juni 2012

Ausschuss der Regionen – die Nordseeregion

Von Marina Folkerts, Tordis Stefan, Lisa Mitschak
 

Europa ganz nah. Als eine von insgesamt fünf Regionen in Deutschland zeigt die Nordseeregion, wie europäische Zusammenarbeit direkt vor der Haustür funktionieren kann.
An der Nordseeregion sind die Länder Norwegen, Schweden, Großbritannien, Dänemark, die Niederlande, Belgien und Deutschland beteiligt.
Die verschiedenen Regionen gehören dem Ausschuss der Regionen (AdR) an: eine beratende Einrichtung, die sich dafür einsetzt, dass lokale und regionale Gebietskörperschaften auch auf EU-Ebene beachtet werden. Der AdR arbeitet seit 1994 und hat zurzeit 344 Mitglieder.
In der Arbeit des AdR eingeschlossen, sind die INTERREG-Programme. Diese Programme sollen die Zusammenarbeit zwischen den Städten, Regionen und Mitgliedsstaaten der Europäischen Union fördern. Seit Beginn der Arbeit des AdR gab es vier Förderperioden, von 2007 bis 2013 läuft die Förderperiode IV.
Außerdem gibt es insgesamt drei verschiedene Ausrichtungen von INTERREG. Ausrichtung A beschäftigt sich mit der grenzübergreifenden, Ausrichtung B mit der transnationalen und Ausrichtung C mit der interregionalen Zusammenarbeit.
Der Nordseeraum gehört zum INTERREG B- Programm. Dem INTERREG B- Programm stehen EU-Fördermittel in Höhe von 1,1 Milliarden Euro zu. Davon kann der sich über 664.000 km2 erstreckende Nordseeraum in der Förderperiode bis 2013 über 139 Millionen Euro verfügen. In Deutschland gehören Hamburg, Bremen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein zu den förderfähigen Gebieten.
Das Programm der Nordseeregion orientiert sich an den spezifischen Charakteristika der Region. Dazu zählen das Meer und die Küste mit ihrer artenreichen Natur, die wirtschaftlichen Besonderheiten mit der früheren Konzentration auf Fischerei und Ackerbau sowie der hohe Stellenwert der Region im Transportsektor europaweit.
Daraus entwickelten sich fünf Themengebiete, an denen schwerpunktmäßig gearbeitet wird:
Küstengewässermanagement, Transport und Erreichbarkeit, Energie, Demographischer Wandel und Förderung von Innovation sowie Wissens- und Technologietransfer.
Die Projekte müssen von verschiedenen Partnern vorgeschlagen werden. Dafür müssen sie zum einen 50% der anfallenden Kosten übernehmen, sowie sich speziell auf ein bestimmtes Thema fokussieren.
Diese Themen sind in vier Prioritäten geteilt, die jeweils einen unterschiedlichen Fokus haben. Priorität 1 beschäftigt sich mit der Förderung von Innovation, wie z.B. dem erstellen eines sektorübergreifenden Netzwerkes zum besseren Austausch (vgl. Projekt E-CLIC). Priorität 2 setzt sich ein nachhaltiges Management für den Umweltschutz zum Ziel, was zum Beispiel in Form von der Verringerung eingeschleppter Fremdorganismen durch Schiffe geschieht (vgl. Projekt Ballast Water Opportunity). Priorität 3 bezieht sich auf den Transportsektor der Nordseeregion, sei es eine bessere Erreichbarkeit bestimmter Regionen oder der Nordseeregion als Drehkreuz für Güteraustausch (vgl. Projekt Food Port). Die vierte und letzte Priorität beinhaltet die Förderung nachhaltiger und wettbewerbsfähiger Städte und Regionen. Dazu zählt beispielsweise die Infrastruktur einer Region oder der demographische Wandel sowie die Anpassung der Regionen an aktuelle Entwicklungen (vgl. Projekt DC NOISE).
Die förderfähigen Projekte werden im Wettbewerb von nationalen Ausschüssen und letztlich von einem internationalen Komitee in mehreren Schritten ausgewählt.
Problematisch an der Arbeit der Nordseeregion ist lediglich die Tatsache, dass es durch den hohen administrativen und finanziellen Aufwand vor allem für kleinere Unternehmen schwierig ist, sich an Projekten zu beteiligen. Dennoch gibt es zahlreiche Projekte und –vorschläge, die gemeinsam an der Nordseeregion als Lebensraum arbeiten wollen.

Sonntag, 27. Mai 2012

Welche Bedeutung hat die Bremische Landesvertretung in Brüssel?


Von Anja Kollruß & Anna-Lena Konken


Allgemein: Landesvertretungen in Brüssel:
  • Entstanden aus einer deutschen Idee bzw. eine einmalige Sache Deutschlands
  • Mitte der 80er-Jahre eröffneten die ersten Informationsbüros
  • Rechtliche Grundlage entstand 1992 mit dem Vertrag von Maastricht, indem die Länder zu Mitspielern in Brüssel erhoben wurden
  • Seither haben Bundesländer nicht nur eine Landesvertretung in Berlin, sondern auf EU-Ebene auch in Brüssel → Bedeutung der EU nimmt zu
Bremen in Brüssel:
  • Freie Hansestadt Bremen seit 1987 in Brüssel vertreten
  • Offizielle Vertretung heute durch eine Europaabteilung
  • Europaabteilung gehört zum Ressort der Bevollmächtigten beim Bund und für Europa, Dr. Eva Quante-Brandt
  • Staatsrätin für Bundes- und Europaangelegenheiten und Integration
  • Zu ihren Arbeitsbereichen gehören u.a. Bundesangelegenheiten und Entwicklungszusammenarbeit
  • Aufgaben der Landesvertretung:
  • Repräsentation des Landes Bremens bei den europäischen und internationalen Organisationen in Brüssel, Straßburg und Luxemburg
  • Durch Organisation von Konferenzen, Besuchsprogrammen und Kulturveranstaltungen ist sie das "Schaufenster Bremens und Bremerhavens in Brüssel"
  • Vermittlung von Kontakten und Ansprechpartnern innerhalb der EU-Organe für z.B. Wirtschaft oder Verbände
  • Bremerinnen und Bremern Europa und die Idee der Europäischen Union näher bringen
  • Mit ihrem Sitz in Bremen direkt vor Ort zu sein → neue Gesetzesinitiativen können schneller wahrgenommen und analysiert werden → dadurch kann Bremen in seinem Sinne einen besseren Einfluss auf Entscheidungsprozesse in Brüssel nehmen
  • Interessenvertretung in Brüssel hat bereits ähnliche Bedeutung wie Vertretung der Interessen auf Bundesebene in Berlin gewonnen → Wirtschaftsregion Bremen profitiert vom europäischen Binnenmarkt und EU-Fördergelder
  • Bremer Senat am 22. April 2008 erstmals EU-Strategie beschlossen → gezielte Projekte und Handelsinteressen formuliert

Europa in Bremen

Von Denise Nestler, Laura Degwitz, Franziska Simon, Verena Schmidt 







Eurokrise, Fiskalpakt und Rettungsschirm. Das macht eher trübe Stimmung. Europa und die Europäische Union sind momentan Dauergast auf den Titelblättern sämtlicher Zeitungen. Leider aber mit weniger erfreulichen Themen.
Europa – groß, bunt, vielfältig? Stimmt, das gibt es auch noch. Wo? Tja dafür muss man nicht mal weit reisen. Gleich hier in Bremen gibt es spannende Projekte. Doch wann fing das eigentlich alles an mit Europa in Bremen?

Bei einem Blick in die Vergangenheit stellt man fest, dass Bremen schon immer eine sehr weltoffene Stadt war. Bereits Mitte des 13. Jahrhunderts trat die Stadt der Hanse bei. Das Handelsbündnis mit anderen Ländern wurde immer weiter ausgebaut und ab dem 18. Jahrhundert pflegte Bremen bereits transatlantische Beziehungen zu den USA. Nachdem sich die Europäische Union aus den drei Gemeinschaften EGKS (Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl), EWG (Europäische Wirtschaftsgemeinschaft) und Euratom (Europäische Atomgemeinschaft) gründete, hatte auch Bremen 1987 eine Vertretung in Brüssel. Seit 2007 gibt es in der Stadt den Europapunkt als Informations- und Anlaufstelle für Bürger und Politiker. Dort kann man sich beispielsweise auch über die vielen Förderprojekte der EU in Bremen informieren. Finanziert werden diese durch sogenannte Sozial-, Regional- und Strukturfonds.

Das bedeutet konkret, dass viele Institutionen, Vereine und Unternehmen mit EU-Geldern bezahlt werden. Ein Beispiel ist hier die Stadtteilinitiative Neustadt. Mit Geld aus dem Strukturfonds, insgesamt 160.000 Euro, soll dieses Projekts die lokale Wirtschaft fördern. Auch die Stärkung des inneren Zusammenhalts des Stadtteils wird so gewährleistet. Das Stadtteilmanagement organisiert vier jahreszeitgebundene Events, die alle in der Neustadt stattfinden. Neben einer Schnitzeljagd im Frühjahr „Neustadt bewegt Dich“ und dem Musik-Festival „Summer Sounds“ in den Wallanlagen gibt es im Herbst noch das „Piepe-Leuchten“ mit Laternenlauf und den „Neustädter Adventskalender“ im Dezember.

Aber gibt’s Europa auch zum anfassen? Klar. Oberhalb der Weser liegt die Bremer Schlachte. Mit rund 900.000 Euro wurde der obere Teil der Schlachte zwischen Fangturm und Diepenau umgestaltet. Bis 2013 sollen die Renovierungen noch andauern. Zentrales Schlüsselprojekt der kommenden Jahre ist die Umsetzung des Medienquartiers im Stephaniviertel. Durch die Ansiedlung von Radio Bremen und der Volkshochschule bietet sich die Chance zu einer seit Langem gewünschten Aufwertung des gesamten Quartiers. Das Ziel, Bremen als Stadt am Fluss zu etablieren, ist durch die Neugestaltung dieses Bereichs sowie der Uferpromenade nahe der Altstadt erfolgreich realisiert worden. Ein positiver Nebeneffekt: Durch die öffentlichen Investitionen zogen viele private Unternehmer nach. So wurde dank der gastronomischen Entwicklung das Weserufer zu einem attraktiven Aufenthaltsort.

Der Aspekt der Wirtschaftlichkeit spielt auch bei dem nächsten Projekt eine große Rolle. Das Institut für Raumfahrtsysteme schafft neue Arbeitsplätze für Forscher. Aber auch die Raumfahrtindustrie und ihre Folgemärkten, die sich auf Raumfahrttechnologien und dadurch ermöglichte Anwendungen stützen profitieren von dem 2007 neu gegründeten Institut. Um in der internationalen Konkurrenz bestehen zu können, ist ein herausragendes wissenschaftliches Umfeld unbedingt erforderlich. In enger Zusammenarbeit mit der Industrie (EADS Astrium) und anderen Forschungseinrichtungen in Bremen (z.B. Deutsches Forschungszentrum für künstliche Intelligenz) und weltweit wird das Institut komplexe Raumfahrtsysteme und Missionsszenarien beispielsweise zum Mond entwerfen und in wirtschaftlicher sowie gesellschaftspolitischer Hinsicht analysieren. Mit 9,5 Millionen Euro aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung ist das Institut eines der größten geförderten Projekte. 

Mittwoch, 23. Mai 2012

Warum ist die Europäische Union entstanden - Tafelbild zum Kurzreferat

Von Paula Mittermayer und Miriam Kern




Die Idee einer staatenübergreifenden Gemeinschaft ist alt. Gelehrte, Schriftsteller, Philosophen, Juristen und Staatsmänner entwarfen bereits seit dem 14. Jahrhundert Pläne für einen Zusammenschluss der europäischen Staaten.1 Kriege untereinander sollten verhindert, Feinde von außen gemeinsam abgewehrt werden. Heute ist diese Wunschvorstellung zur Realität geworden. Doch bis dahin war es ein langer und holpriger Weg.

Erste Schritte in Richtung eines vereinten Europas wurden 1922 mit der Gründung der Paneuropa-Union unternommen. Diese Vereinigung blieb allerdings wegen Aufkommens des Nationalsozialismus zunächst erfolglos.2

Erst unter den Eindrücken des 2. Weltkrieges sollte eine weitreichende Einigung erzielt werden. Um den jungen Frieden zu bewahren und um eine gemeinsame Front gegen die Sowjetunion zu bieten, gründeten Westeuropäische Staaten 1949 den Europarat3. Die Idee wurde bereits drei Jahre zuvor von dem damaligen britischen Oppositionsführer Winston Churchill in der Züricher Rede geäußert4 und anschließend durch die USA vorangetrieben.

Am 9. Mai 1950 legte der französische Außenminister Robert Schumann einen Plan vor, der, inspiriert von Jean Monnet, eine noch engere Zusammenarbeit der verschiedenen Staaten ermöglichen sollte. Auf Grundlage dieses sogenannten Schumann-Plans vereinbarten Deutschland, Belgien, Italien, Frankreich Luxemburg und die Niederlande ihre Kohle- und Stahlindustrie unter eine Gemeinsame Verwaltung zu stellen und gründeten die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (kurz: EGKS oder auch Montanunion).5 Zum einen sollte verhindert werden, dass die Industrien erneut zu Kriegszwecken gegeneinander eingesetzt werden, zum anderen sollte die Produktion angekurbelt und dadurch die Lebensstandards der Mitgliedsstaaten erhöht werden.6





1967 wurden die Organe der drei Europäischen Organisationen mittels des sogenannten Fusionsvertrags zur Europäischen Gemeinschaft vereinigt. Seitdem gibt es eine gemeinsame Kommission sowie einen gemeinsamen Rat.81967 wurden die Organe der drei Europäischen Organisationen mittels des sogenannten Fusionsvertrags zur Europäischen Gemeinschaft vereinigt. Seitdem gibt es eine gemeinsame Kommission sowie einen gemeinsamen Rat.8



Die EGKS war derartig erfolgreich, dass ihre sechs Gründungsmitglieder sich nach wenigen Jahren darauf einigten, weiterer Bereiche ihrer Wirtschaft zu integrieren. Im Jahr 1957 unterzeichneten sie die Römischen Verträge und gründeten damit die Europäische Atomgemeinschaft (kurz: EURATOM) und die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (kurz: EWG). Ziel der Mitgliedstaaten war es, Handelshemmnissen zu beseitigen und einen "Gemeinsamen Markt" zu bilden.7

Weiter vorangetrieben wird die Zusammenarbeit der Staaten mit der Unterzeichnung des Vertrags über die Europäische Union (auch: Vertrag von Maastricht) am 7. Februar 1992. Dieser gilt als „ein wichtiger Meilenstein in der Geschichte der EU“.9 Es werden Vorschriften zur gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik und eine engere Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres festgelegt. Mit der Europäischen Gemeinschaft werden sie als die „drei Säulen“10 unter dem Dach der Europäischen Union bezeichnet, die nun offiziell gegründet ist.11
Nach zahlreichen Beitritten während ihres Bestehens zählt die EU bis heute 27 Mitgliedstaaten: Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Irland, Italien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, die Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, die Slowakei, Slowenien, Spanien, die Tschechische Republik, Ungarn und Zypern.

1vgl. Clemens, Prof. Dr. Gabriele (o.A.): Idee Europa. In: www.hamburgkg.polemb.net, http://www.hamburgkg.polemb.net/files/Clemens.pdf (27.05.2012)
2vgl. o.A.: Die Paneuropa-Union: Die älteste europäische Einigungsbewegung. In: http://www.paneuropa.org/, http://de.paneuropa.org/index.php/pan/geschichte (27.05.2012)
3Belgien, Dänemark, Frankreich, Irland, Italien, Luxemburg, die Niederlanden, Norwegen, Schweden und das Vereinigte Königreich
4vgl. Giar, Johannes (o.A.): Winston Churchill und Europa. In: http://www.uni-giessen.de, http://www.uni-giessen.de/cms/kultur/universum/geschichte/phaenomen-europa/winston-churchill
5vgl. o.A.: Ein friedliches Europa – die Anfänge der Zusammenarbeit. In: europa.eu, http://europa.eu/about-eu/eu-history/1945-1959/index_de.htm (27.05.2012)
6vgl. o.A.: Mont?nunion. In: www.wissen.de, http://www.wissen.de/lexikon/montanunion (27.05.2012)
7vgl. o.A.: Ein friedliches Europa – die Anfänge der Zusammenarbeit. In: europa.eu, http://europa.eu/about-eu/eu-history/1945-1959/index_de.htm (27.05.2012)
8vgl. o.A.: EU-Verträge. In: europa.eu, http://europa.eu/about-eu/basic-information/decision-making/treaties/index_de.htm (27.05.2012)
9o.A.: Ein Europa ohne Grenzen. In: europa.eu, http://europa.eu/about-eu/eu-history/1990-1999/index_de.htm (27.05.2012)
10mit dem 'Vertrag von Lissabon', der am 1. Dezember 2009 in Kraft trat, wurde der 'Vertrag über die Europäische Union' reformiert und die bisherige Säulenstruktur wieder aufgehoben
11vgl. o.A.: Die drei Säulen der EU werden aufgelöst. In: europaimunterricht.de, http://www.europaimunterricht.de/europa_wissen_eu_drei_saeulen.html (27.05.2012)




Sonntag, 16. Oktober 2011

Wen interessiert Europa?

Europapolitik aus Sicht der Bürger

Von: S.Gersonde, W. Plasse

Rund 60 Jahre nach Gründung der Europäischen Union umfasst diese 27 Mitgliedsstaaten mit rund 500 Millionen Einwohnern. Am Sitz in Brüssel fallen Entscheidungen, die auch auf Länderebene große Bedeutung tragen: In Form der Wirtschaft, Politik oder Umwelt betrifft die EU demnach uns alle. Wir haben den Redakteur und so genannten „Chef vom Dienst“ der taz Nord zum Gespräch gebeten. Klaus Wolschner stand Rede und Antwort zur Frage: „Wen interessiert denn überhaupt Europa?“

• Zur Person Klaus Wolschner

Klaus Wolschner ist im Jahre 1951 geboren und studierte Physik, Geschichte und Wirtschaft in Heidelberg, Paris und Bremen. Direkt nach dem Studium 1979 begann er seine Karriere bei der taz. Nebenbei unterrichtet er heute als Lehrbeauftragter an der Hochschule Bremen das Seminar „Politik & Medien“. Wolschner selbst behauptet, die taz habe ein starkes Auslandsinteresse, sie sei allerdings europaskeptisch und bediene Themen der Europapolitik nur gelegentlich.

• Ist-Situation

An einer eigens durchgeführten Umfrage konnten wir schon zu Beginn feststellen, dass das Interesse der Bremer Hochschulstudenten in die europäische Politik eher gering ausfällt. Gründe nannten die Befragten direkt mit: Ihnen fehle beispielsweise der Regionalbezug oder die handfesten Fakten aus europapolitischen Themenfeldern. Außerdem könne sich kaum einer mit der EU oder einzelnen Personen identifizieren, da ein klarer Repräsentant fehle. Wolschner ergänzt die Aufzählung der Studierenden mit der langen Laufzeit der Verfahren und den länderspezifischen Traditionen, an denen die Bürger festhalten würden.

An einem Beispiel werden die Begründungen deutlicher: Der Beschluss über die Feinstaub-Grenzwerte und die Einführung der so genannten Umweltzone geschah schon 2007 in Brüssel, allerdings sprach damals in Deutschland keiner davon. Erst als die Regeln im Januar 2009, speziell in Bremen, eingeführt wurden, polarisierte das Thema plötzlich. Dass bis 2015 nun weitere Verschärfungen in Kraft treten sollen, scheint gerade niemand zu wissen. Politik auf EU-Ebene ist also nur dann interessant, wenn sie die Menschen selbst betrifft und klare Fakten liefert. Die Frage „Was bedeutet dieser Entschluss für mich persönlich?“ stelle sich jeder, meint Wolschner. „Menschen sind von Grund auf egoistisch, das ist ganz natürlich“, sagte er in unserem Gespräch. Außerdem spiele Europa an sich auch gar keine Rolle. Das sei eine Strukturveränderung in der Politik, die den Medien nicht gut tut beziehungsweise erst gar nicht für sie gedacht ist. Wolschner selbst findet das schade. Er würde sich mehr Interesse und Bemühungen wünschen.

• Soll-Situation

Um Wolschners Wunsch und dem vieler europäischer Politiker nach mehr Interesse
nachkommen zu können, muss aber viel passieren: „Europa funktioniert so nicht. Die verschiedenen Abgeordneten müssen endlich auf eine gemeinsame politische Welle aufspringen und nicht weiter ihre eigene Politik machen“, schlägt Wolschner vor. Außerdem hält er eine repräsentative Figur für sinnvoll: „Wie die Queen von England.“

• Bemühungen

Als professionelle Meinungserhebung zum Thema gilt die Eurobarometer-Umfrage, die im Auftrag der Generaldirektion „Information, Kommunikation, Kultur, Audiovisuelle Medien“ der Europäischen Kommission durchgeführt wird. Die Umfrage wird getätigt, in dem ein repräsentativer Querschnitt der Bevölkerung einen gleichlautenden Fragebogen bekommt. Je EU-Mitgliedsland sind dies circa 1000 Personen, sodass im Jahre 2010 über 30.000 Menschen befragt wurden. Sinn dieser Erhebung ist zum einen, das Bewusstsein der Bürger für Europapolitik zu bestärken und zum anderen, den Verantwortlichen Aufschluss über mögliche, verbesserungswürdige Faktoren zu geben. Der Fokus des Eurobarometers liegt des Weiteren auf der Analyse der Berichterstattung von Seiten der Medien, die sich laut Wolschner schließlich stärker bemühen sollten.
Doch das Ergebnis ist auch hier seiner Meinung nach erschütternd: Einerseits sagen die EU-Bürger laut Barometer, sie fühlen sich unzureichend über EU-politische Themen informiert, antworten aber auf die Frage nach der Berichterstattung der Medien hauptsächlich mit „ausreichend“. Deutlich wird hierbei demnach erneut, dass das Interesse gar nicht erst da zu sein scheint. Der Vertrag von Lissabon, die Europawahlen 2009 und die Maßnahmen gegen die Wirtschafts- und Finanzkrise, haben bei den Befragten allerdings für Interesse gesorgt. Wolschner meint: „Das ist ein guter Anfang.“

• Und jetzt?

Kommunikation scheint auch auf diesem Gebiet der Schlüssel zu sein. Als positives Beispiel, dem Menschen Europa näher zu bringen, geht Helga Trüpel voran. Regelmäßig hält die Europaabgeordnete der Grünen die Veranstaltungsreihe „Bremen in Europa“ ab. Der Fokus ihrer Arbeit besteht darin, die Verbindungen zwischen Bremen und Europa deutlich zu machen. Damit geht sie auf die Forderung der eingangs befragten Studierenden ein, Europapolitik zu regionalisieren. Und sie geht mit vielen kleinen Bemühungen einen großen Schritt in Richtung eines politikengagierten Landes.

Was geht uns eigentlich Brüssel an?

Von: Von T. Robben, L. Bohlmann und I. Hindenberg

Da ein Bier, dort einen Cocktail oder doch lieber ein Eis? An der Bremer Schlachte gibt es alles – und noch viel mehr. Doch wer hatte eigentlich das Geld, aus der einstigen Betonwüste eine attraktive Flaniermeile zu machen? Ob man´s glaubt oder nicht, die Europäische Union war´s! Aber was hat die EU mit der Schlachte zu tun? Die Antwort ist der ESF, der Europäische Sozialfonds.

Fragt man unsere Mitbürger, was sie über die EU denken, sehen viele vielleicht nur Milchseen und Butterberge. Geld, das dahin fließt, wo es keiner braucht, an Sinnvolles wie die Schlachte denkt erst einmal keiner. Doch gerade solche Projekte, hinter denen man nicht unbedingt das Aushängeschild der EU erwartet, profitieren stark von den Geldern der EU.
ESF – das sind drei Buchstaben, die für den Terminus „Europäischer Sozialfonds“ stehen und die vielen Bürgern einen Geldsegen bescheren können. Wenn man weiß, woher sie kommen, wofür es sie gibt und wie man sie bekommt. Hier eine Erklärung: Bei dem Europäischen Sozialfonds handelt es sich um einen so genannten Strukturfonds. Er ist eines der Instrumente der Europäischen Union, die die Umverteilung des europäischen Vermögens sichern – also das Strukturgefälle zwischen den 27 Mitgliedsstaaten der Union langfristig aufheben sollen. Durch ihn werden Beschäftigungsmaßnahmen, soziale, sowie wirtschaftliche Kohäsion in den Grenzen der Union vorangetrieben. Konkret heißt das, dass verschiedene Projekte auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene finanziert werden, die wiederum die Arbeitsbedingungen, die Beschäftigungsquote und die Integration in den Arbeitsmarkt fördern.
Bremen gehört zur so genannten Ziel 2- Region, die für „Regionale Anpassungsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit“ steht und Bremen zu einer „modernen, leistungs- und wettbewerbsfähigen Region Europas“ machen soll.
Beispielsweise hat die Hochschule Bremen für die „Qualitätssicherung in der Lebensmittelwirtschaft mit dem Schwerpunkt Fischwirtschaft“ in dem Zeitraum 2008 – 2010 über 600.000 Euro zugesprochen bekommen.
Doch nicht nur Einrichtungen wie die Hochschule Bremen erhalten Finanzspritzen: Der Schulverein der Grundschule Andernacher Straße im Bremer Stadtteil Ost bietet Sprachkurse für Migrantinnen und Migranten an – und wurde dafür von der EU im Zeitraum 2009-2010 mit 2.700 Euro gefördert.
Theoretisch kann also jeder vom ESF profitieren, praktisch setzt die Bürokratie der EU dem Antragssteller dicke Steine in den Weg, weshalb insbesondere kleinere Vereine die Gelder des ESF nur wenig beanspruchen. Auch wir haben vor intensiver Recherche nichts von dieser Fördermöglichkeit gewusst.
Um den ESF und damit auch die EU, für die Bürger attraktiver und sichtbarer zu machen, heißt es also vor allen Dingen: Bürokratieabbau und Transparenz schaffen. Aber Mühlen mahlen ja bekanntlich langsam.

Türkeibeitritt in die Europäische Union?!

Von: Annika Krause, Janina Patterson, Susi Mannschreck und Marc Stubbemann

Seit nunmehr 60 Jahren versucht die Türkei den Eintritt in den europäischen Raum als anerkanntes Mitglied zu vollziehen. Auch in der aktuellen politischen Diskussion und in den Medien wird der Türkeibeitritt in die Europäische Union diskutiert und die Pro- und Contra-Aspekte aufgezeigt. Nach wie vor zählt der ehemalige osmanische Staat nur als assoziiertes Mitglied im europäischen Raum, eine Vollmitgliedschaft kam seitens der EU noch nicht in Frage.


Die Türkei ist jedoch bereits seit 1949 Mitglied des Europarates. Seine Satzung sieht eine allgemeine Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten zur Förderung von wirtschaftlichem- und sozialem Fortschritt vor. 1959 bewarb sich die Türkei um eine Mitgliedschaft in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. Die Bewerbung war insofern erfolgreich, dass 1963 zwischen der Türkei und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft ein Assoziierungsabkommen geschlossen wurde. Dieses „Ankara-Abkommen“ regelte ein Darlehen an die Türkei in Höhe von umgerechnet insgesamt 175 Millionen Euro, um den Einstieg in den Wirtschaftsraum zu erleichtern. Dieser Phase sollte dann ein Eintritt in die Europäische Zollunion und dann auch eine spätere türkische Mitgliedschaft in der damaligen Europäischen Gemeinschaft folgen. Doch erst 1992 stärkte sich das Verhältnis zwischen Europa und der Türkei ein wenig, da sie der Westeuropäischen Union als assoziiertes Mitglied beitraten.

Am 11. Dezember 1999 erhielt die Türkei offiziell dann den Status als anerkannten Beitrittskandidaten der EU. Auf dem Gipfel von Kopenhagen 2002 beschloss die EU über die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen zu entscheiden, sobald die Türkei die politischen Bedingungen der Kopenhagener Kriterien erfülle. Der Kopenhagener Vertrag sieht vier Kriterien für eine mögliche Aufnahme der Türkei vor. Die Politischen Kriterien bestehen aus Demokratie, Wahrung der Menschen- und Bürgerrechte (insbesondere Minderheiten). Zudem wird eine Struktur in der Judikative verlangt und politische Parteien müssen zugelassen werden. Die wirtschaftlichen EU-Kriterien bestehen aus einer funktionierenden Marktwirtschaft, die in der EU wettbewerbsfähig ist, zudem eine Offenheit gegenüber den ausländischen Märkten. Die EU-Gemeinschaftlichen-Kriterien sehen eine Anerkennung des Binnenmarktes als notwendig und den Beitritt zur Wirtschafts- und Währungsunion.

Das Begehren der Türkei, ein Mitglied der Europäischen Union zu werden, stellt die EU vor eines ihrer größten Probleme. Die heutige türkische Regierung kann erstaunliche Erfolge auf ihrem Weg nach Europa verzeichnen. Somit würde die Zurückweisung der Türkei zu einer langen und ernsten politischen Krise führen. Europa verfolgt das Interesse einer stabilen, demokratischen, prosperierenden Türkei, in der der islamische Glaube und die Moderne miteinander wirken. Doch trotz allen Bemühungen gibt es vor allem bei den politischen Aspekten bis heute weiterhin zahlreiche Argumente, die gegen einen Beitritt in die EU sprechen. Immer noch ist die fehlende Wahrung der Menschenrechte eines der größten Probleme der Türkei. Der in Europa vorhandene Schutz von Minderheiten wird nicht geachtet. Vor Gericht gibt es weder Meinungsfreiheit noch Berufungsrecht. Viel zu wenig wird für die Bekämpfung von Folter und Misshandlungen eingetreten, es gibt kaum zivile Kontrolle des Militärs. Eine komplette Verfassungsänderung wäre nötig, um sich an die europäischen Vorgaben anzupassen. Bevor ein Beitritt in Frage kommt, muss die Türkei beweisen, dass Demokratie und Islam sehr wohl harmonieren können. Denn sollte sie schließlich ein Mitglied der EU werden, werden die Probleme der Türkei zu europäischen Problemen. Doch nicht nur auf dieser Grundlage sprechen sich einige europäische Länder strikt gegen einen Beitritt der Türkei aus. Wichtige Mitgliedsstaaten, wie Frankreich und Deutschland lehnen eine Vollmitgliedschaft ab, auch um ihre eigene Stellung innerhalb Europas zu halten. Denn ausgehend von der hohen Bevölkerungszahl, hätte die Türkei die zweithöchste Stellung im EU Parlament.

Nicht zuletzt in punkto Sicherheit teilen sich die Meinungen innerhalb der europäischen Mitgliedsstaaten. Die Ost-Erweiterung kann einige Vorteile mit sich bringen, da die Türkei sich als Vermittlerin im Nahost-Konflikt durchaus profilieren könnte. Ankara stellt sich als „Dreh- und Angelpunkt“ für viele Kontakte dar. Die Türkei hat gute Beziehungen, sowohl zu Israel, als auch zu den Arabern und Palästinensern. Mit der Einrichtung eines Industriegebietes im Westjordanland zur Bekämpfung der hohen Arbeitslosigkeit in den Palästinensergebieten, hat sie bereits einen großen Beitrag zum Nahost-Friedensprozess geleistet. Dennoch handelt sich die Europäische Union mit der Türkei als neuen Mitgliedsstaat auch zahlreiche Krisenregionen als Nachbarn ein. Diese Nicht-demokratischen und instabilen Staaten könnten eine Gefahr für den Frieden innerhalb Europas darstellen. Vor allem der Iran, der für die Unterstützung des internationalen Terrorismus und den Bau von Atomwaffen bekannt ist, könnte so zur immer größeren Bedrohung werden. Außerdem müsste beispielsweise die EU, als neue Nachbarin des Iraks, zwangsläufig zur Stabilisierung beitragen und würde damit die amerikanische Politik unterstützen. Des weiteren muss allerdings beachtet werden, dass sich die Türkei, bei einer Ablehnung durch die EU, auch den islamischen Ländern zuwenden könnte und somit ebenfalls zu einer Bedrohung für Europa werden könnte.

Nicht nur in der Politik, sondern auch innerhalb der Bevölkerung, kommt immer wieder die Frage auf, in wiefern sich die Türkei in die Europäische Union eingliedern kann. Zurzeit leben 73 Millionen Menschen in der Türkei. Im Vergleich dazu leben allein in Deutschland über 1,6 Millionen türkische Migranten, in der gesamten EU sind es mehr als 13 Millionen (Stand 2007). Die Ost-Erweiterung bietet einerseits eine große Chance für Europa, andererseits stellt sie auch eine große Herausforderung an Europas Solidarität und Integrationskraft dar. Wäre diese Hürde jedoch erst einmal geschafft, wäre es für die türkischstämmige Bevölkerung der EU wesentlich leichter sich zu integrieren. Dennoch haben viele Europäer immer noch das Gefühl, die Türkei gehöre nicht zu Europa und empfinden Fremd- oder Andersartigkeit ihren Mitbürgern gegenüber. Ein wichtiger Faktor dafür sind die unterschiedlichen religiösen Normen. Europa ist durch und durch vom Christentum geprägt, während 99 Prozent aller Türken dem muslimischen Glauben angehören. Die Zahl von 67 Millionen Muslimen übertrifft die Anzahl der europäischen Protestanten.

Die Türkei bemüht sich nun schon seit mehr als vier Jahrzehnten um eine Mitgliedschaft in der europäischen Gemeinschaft. Viele Türken leben bereits in der dritten oder sogar vierten Generation in Europa und versuchen sich in die westliche Gesellschaft einzugliedern. Dennoch gibt es immer wieder Konflikte, da viele der Osteuropäer sich nicht an die westliche Kultur anpassen wollen. Ob mangelnde Sprachkenntnisse, Zwangsheirat oder gar Ehrenmorde, der Nationalstolz der Türken lässt sogar in der Ferne nicht nach. Alles in allem sind die Fortschritte sowohl auf gesellschaftlicher, als auch auf politischer und kultureller Ebene noch zu gering, um eine einheitliche Zusammenarbeit mit der EU zu garantieren. Ob eine gemeinsame Identität wirklich durch die Bemühungen der Türkei zustande kommen wird, bleibt abzuwarten. Zurzeit ist die westliche Welt in ihren Normen und religiösen Werten immer noch zu weit entfernt von denen, der Türkei. Grundsätze, wie die Ablehnung der Todesstrafe oder Religions- und Meinungsfreiheit, sind in der Europäischen Union schon seit Jahrzehnten fest verankert und müssen auch in der Zukunft ohne Ausnahmen vertreten werden. Wenn die Türkei jedoch weiter an Veränderungen und Fortschritten festhält, gibt es eine realistische Chance doch einmal ein festes Mitglied der Europäischen Union zu werden.