In Brüssel gibt es derzeit circa 300 Vertretungen von Regionen innerhalb der EU. Eine davon gehört Bremen. So residiert die Hansestadt mit der „Vertretung der Freien Hansestadt Bremen bei der Europäischen Union“ seit 1986 offiziell in Brüssel.
Die etwa 13 Mitarbeiter der Vertretung erfüllen die wohl wichtigste Aufgabe des Regionallobbyismus: Sie agieren als eine Art Früherkennungssystem. Die Mitarbeiter vor Ort versuchen frühzeitig herauszufinden, was die Europäische Union plant (zum Beispiel Gesetzesinitiativen etc.) und inwiefern dies für das Land Bremen interessant ist. Wenn eine Gesetzesinitiative geplant ist, die Auswirkungen auf das Land Bremen hat, so schreiben die Mitarbeiter in Brüssel eine Einschätzung an die Bremische Verwaltung. Diese entscheidet dann, ob die Vertretung vor Ort ein Mandat bekommt, sich offiziell für die Bremischen Belange bei den zuständigen Stellen in Brüssel einzusetzen.
Ein Beispiel für die Arbeit der Vertretung war das geplante „Port Package“, ein Richtlinienentwurf, der zu mehr Wettbewerb zwischen den Europäischen Seehäfen führen sollte. Wichtigster Bestandteil dieses Paketes war die Tatsache, dass die Pachtverträge für die Infrastruktur in den Häfen (zum Beispiel Schlepper, Kräne usw.) nach 46 Jahren auslaufen sollten und neue Ausschreibungen stattfinden sollten. Viele Hafenstandorte – nicht nur in Deutschland – sahen darin eine Gefahr für die gewachsenen Strukturen in den Häfen.
In diesem Fall hat nicht nur Bremen Interesse daran gehabt, dass diesem Entwurf nicht zugestimmt wird, sondern auch andere deutschen Hafenstandorte. Deswegen haben sich die Vertretungen der Bundesländer in Brüssel abgesprochen und abgestimmt. Was dann folgte, war klassische Lobbyarbeit: Essen gehen und die zuständigen Abgeordneten auf die möglichen Probleme für die Hafenstädte und die angesiedelten Unternehmen hinweisen.
Eine andere wichtige Aufgabe ist die Vermittlung von EU-Geldern nach Bremen. Einerseits gibt es Töpfe (zum Beispiel der Europäische Strukturfond), aus denen das Geld de facto automatisch nach Bremen fließt. Andererseits gibt es auch viele EU-Fördermittel, um die man sich extra bewerben muss. Herauszufinden, wie man sich am effektivsten in so einem Falle bewirbt und dieses Wissen nach Bremen weiter zu geben, gehört ebenfalls zur Aufgabe der Vertretung.
Der Ausschuss der Regionen
Der Ausschuss der Regionen (AdR) ist ein Organ der Europäischen Union, in dem verschiedene Regionen der Mitgliedsländer repräsentiert werden. Der AdR tagt fünf Mal im Jahr, trifft jedoch keine verbindlichen Entscheidungen. Vielmehr hat er nur eine beratende Funktion. Bei Entschlüssen von Rat und Kommission-Fragen, die die kommunalen und regionalen Verwaltungen betreffen, muss er allerdings angehört werden. Bei den Treffen legt der Ausschuss seine allgemeine Politik fest und formuliert seine Stellungnahmen, die von sechs Fachkommissionen vorbereitet werden. In den Stellungnahmen machen die Mitglieder des AdR deutlich, in welchen Punkten sie übereinstimmen und wo sie Verbesserungsbedarf sehen. Außerdem kann der Ausschuss zu jedem ihm wichtig erscheinenden Thema die Initiative ergreifen und damit die politische Agenda der Union beeinflussen. Diese Vorschläge sind jedoch nicht bindend, das heißt, sie müssen nicht berücksichtigt werden. Deswegen wird der AdR auch von Kritikern als relativ wirkungslos angesehen.
Insgesamt hat der AdR 344 Mitglieder, je nach Einwohnerzahl haben die Mitgliedsländer unterschiedlich viele Vertreter. Deutschland hat beispielsweise 24 Vertreter im Ausschuss der Regionen. Diese setzen sich zusammen aus je einem Vertreter pro Bundesland; fünf Plätze werden durch ein Rotationsprinzip an die Bundesländer zusätzlich vergeben. Die restlichen drei Sitze werden lokalen Vertretern vorbehalten. Die Mitglieder des Ausschusses sind gewählte Kommunal- oder Regionalpolitiker. Es handelt sich dabei häufig um Landräte oder Bürgermeister von Großstädten. Dr. Hermann Kuhn ist als Mitglied der Bremer Bürgerschaft im AdR vertreten.
(Stefan Lakeband)
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