Samstag, 30. Juli 2011

Kriminalität, E-Learning und die EU-Politik

Von Burcu Arslan, Sabrina Leser und Alicia Breuer

Das Projekt CHANCE

Das Projekt CHANCE startete am 1.11.2000 und befindet sich seit 2011 in der vierten Phase. Es handelt sich um einen Projektverbund der sich für die Integration und Betreuung von Sträflingen einsetzt. Dies findet sowohl innerhalb, als auch außerhalb der JVA statt. Das Ziel dieses Projekts ist die berufliche sowie soziale Wiedereingliederung in die Gesellschaft von ehemaligen Insassen. Aufgrund von Arbeitsmarktferne muss für die Gefangenen eine Beschäftigungsfähigkeit hergestellt werden. Es bedarf einer systematischen Strukturierung des Übergangs von der Haft in die Freiheit, sowie eine intensive Betreuung nach der Entlassung. Nach Antritt der Haftstrafe wird eine Behandlungsuntersuchung gemacht, dazu gehört eine berufliche Anamnese und ein Schultest. Dies wird ausgewertet und es entsteht eine individuelle Integrationsplanung. Ziel des ganzen ist die Beschäftigungsfähigkeit wiederherzustellen. Die Förderung beinhaltet eine berufliche und soziale Eingliederung. Bei den Entlassungsvorbereitungen findet eine ausführliche Beratung statt und weitere Schritte werden hier individuell besprochen. Nach der Entlassung erfolgt ebenso eine Nachbereitung im Netzwerk. Zwei der Teilprojekte von CHANCE sind das DPA (Diagnose, Profiling, Assessment) und das Computerrefurbishment. In diesen Projekten erlernen die Gefangenen in kleinen Gruppen Tätigkeiten innerhalb weniger Monate. Die zu verrichtenden Arbeiten sind individuell auf die Insassen zugeschnitten und geben ihnen die Möglichkeit einer sinnvollen Beschäftigung.

E-Learning:

Während außerhalb der JVA-Mauern fast schon jedes Kind mit einem PC umgehen kann und das Internet bedienen kann, dient der Computer (wenn vorhanden) für viele Inhaftierte nur als Spielkonsole und nicht als Arbeitsinstrument. Mit diesem Teilprojekt soll den Gefangenen aber ein Grundwissen im EDV-Bereich und der PC als Arbeitsinstrument näher gebracht werden. Aus diesem Grund werden die Module IT-Grundlagen, Betriebssystem Windows XP, Textverarbeitung MS Word und die Tabellenkalkulation MS-Excel unterrichtet. Im Rahmen des Textverarbeitungs-Moduls werden außerdem eine professionelle Bewerbungsmappe erstellt und Bewerbungstrainings durchgeführt, um für die spätere Eingliederung auf dem Arbeitsmarkt eine Basis zu schaffen.

Durch Lehrer, aber auch durch das sog. „E-Learning“ (180 verschiedene Lernprogramme) wird der Stoff vermittelt. Zunächst wird durch die Lehrer festgestellt, welche Lernbedürfnisse oder Defizite ein/e Gefangene/r hat, um das Lernprogramm dann darauf anzupassen. Dies hat zum Vorteil, dass jeder Inhaftierte in seinem eigenen Tempo arbeiten kann. Daraus ergibt sich auch die Feststellung, dass schnellere Lernerfolge erreicht werden können und nicht jemand im Unterrichtsstoff „nicht mit kommt“. Somit lernen die Gefangenen auch sich selbst einzuschätzen. Fragen wie „Wie lange brauche ich für eine Aufgabe?“ oder „Welche Aufgaben kann ich am Besten?“ können durch das selbständige Arbeiten eingeschätzt und beantwortet werden.

Innerhalb des Projekts (und auch sonst nicht innerhalb der JVA) wird den Gefangenen kein Internetzugang gewährt. Dies ist eine Sicherheitsmaßnahme, um z.B. einem Gefangenen es nicht zu ermöglichen, aus dem Gefängnis heraus weiterhin illegale Geschäfte zu betreiben oder anderen Menschen zu drohen o.ä. Natürlich gibt es immer ein gewisses Sicherheitsrisiko, da immer mal wieder versucht wird, einen Internetzugang und damit Kontakt nach Draußen zu erreichen.

Nicht nur die Vermittlung von Unterrichtsstoff, sondern auch das eigenständige Arbeiten und Lernen an Computern findet bei den Inhaftierten im Rahmen dieses Projekts statt.

Beschäftigungsprojekte nach der Haft:

Auch nach der Haft gibt es Maßnahmen im Rahmen des Übergangmanagements. Dazu zählen das sozial-integrative Modul des Förderwerkes und die Bildhauer Außenwerkstatt des Vereins Mauern Öffnen e.V., welche den ehemaligen Strafgefangenen die Möglichkeit auf eine Injobstelle (1€-Job) bietet. Weiterhin gibt es die Berufshilfe Bremen, die ehemalige kurz vor der Entlassung stehende Inhaftierte betreut, indem ihre Beschäftigungsfähigkeit aufrechterhalten beziehungsweise wieder hergestellt werden.

Einen weiteren Bereich des Übergangsmanagements stellt das KompetenzCentrum dar. Dies ist eine Anlaufstelle, in welcher sich soziale, juristische und arbeitsrelevante Angelegenheiten unter einem Dach befinden, sodass sich die Klienten an ausschließlich eine Stelle wenden müssen, wo sie dann an den zuständigen Mitarbeiter weitergeleitet werden. Um eine arbeitsmarktrelevante und individuelle Qualifizierung der Teilnehmer zu realisieren, wird ihnen ein breites Spektrum an Injobstellen angeboten sowie verschiedene Kurse im Freizeitbereich und Qualifizierungsangebote, wie zum Beispiel EDV-Grundlagen und Bewerbungshilfen. Nach der Einschätzung der Teilnehmer, erzielt ein Großteil von ihnen durch diese Maßnahme Erfolge, indem sie ihre Stärken und Schwächen besser einschätzen können und sich ihre beruflichen Aussichten verbessern.

Während seiner zehnjährigen Laufzeit konnte das Projekt Chance eine deutliche Verbesserung der sozialen und beruflichen Wiedereingliederung von (ehemaligen) Strafgefangenen erreichen. Zu ihren wichtigsten Erfolgen zählen sie, dass die Wiedereingliederung durch die Projektarbeit an Bedeutung gewonnen hat und, dass sich innerhalb des Projekts ein immer größeres und enger werdendes Netzwerk aus unterschiedlichen Hilfesystemen geschaffen wurde. Weiterhin sehen sie einen Erfolg durch den Aufbau des KompetenzCentrums, denn so konnte ein zentraler Beitrag zur Weiterentwicklung der Wiedereingliederungsstrategie geleistet und die Resozialisierungsarbeit erweitert werden.



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