Die Studierenden des Internationalen Studiengangs Fachjournalistik der Hochschule Bremen berichten über Eindrücke und Erlebnisse.
Kristin, Engel (23)
Europäische Identität
Vier Jahre haben wir warten müssen. Doch nun ist es endlich wieder soweit. Die Fußballweltmeisterschaft ist im vollen Gange und ganz Deutschland rückt enger zusammen. Auf den Straßen, in den Häusern. Die Autos sind geschmückt und überall sieht man Schwarz Rot Gold. Ja, Deutschland rückt zusammen.
Doch gilt das auch für Europa? Sieht das „zusammengerückte“ Europa diesem Vorbild ähnlich?
Bereits 27 Länder sind nun Mitglieder der Europäischen Union. Das sind rund 500 Millionen Einwohner. Und Länder wie die Türkei wollen auch in den Kreis der EU aufgenommen werden.
16 von den 27 Mitgliedsstaaten haben bereits eine gemeinsame Währung. Den Euro.
Doch was ist eine Europäische Identität? Sind es die Vorteile, die ein gemeinsames Europa für seine Bürger bereit hält?! Sind es die EU-Symbole oder der Europäische Führerschein? Das Studentenaustauschprogramm Erasmus, die Unionsbürgerschaft, die Schaffung eines Europäischen Bürgerbeauftragten und das individuelle Petitionsrecht beim Europäischen Parlament bis zum EU-weiten Kommunalwahlrecht am jeweiligen Wohnort?
Die europäische Identität sollte, wie die WM, ein Gefühl der Zusammengehörigkeit vermitteln. Und wie bei der WM die Fußballer dafür sorgen, dass die Deutschen stolz sind, Deutsche zu sein, ist die Idee einer europäischen Identität das Gefühl der Zugehörigkeit und des Stolzes auf Europa. Doch dieses Europagefühl ist bei einigen EU-Bürgern noch nicht da, denn 41% fürchten den Verlust der nationalen Identität und der eigenen Kultur im Zuge der europäischen Integration. Doch 59% fühlen sich neben ihrer nationalen Zugehörigkeit auch als Europäer.
Die EU beruht, laut dem Vertrag von Nizza, auf den folgenden gemeinsamen Grundsätzen der Mitgliedstaaten: „den Grundsätzen der Freiheit, der Demokratie, der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie der Rechtsstaatlichkeit“
Europas Gemeinschaft verpflichtet sich auch, die kulturelle Vielfalt zu wahren.
Um als neuer Mitgliedsstaat aufgenommen zu werden, müssen die „Kopenhagener Kriterien“ erfüllt sein. Diese sind stabile und demokratische Institutionen, eine funktionstüchtige Marktwirtschaft und eine ausreichende Verwaltungskapazität.
Doch es gibt viele Meinungsverschiedenheuten, was die Bedeutung der Identität nun genau beinhaltet. Zum einen heißt es ja „Einheit in Vielfalt“, doch zum anderen gibt es viele Debatten über Gott und das Christentum. Vor allem im Hinblick auf den Eintritt der Türkei in die EU.
Die Werte der Europäer sind neben dem Christentum, das klassische Erbe (Philosophie, Rationalität, Recht, Begrifflichkeit des Lateinischen); die europäische Sprachfamilie; die Würde des Menschen als Individuum und als Person; ein mehrfacher Dualismus, nämlich von Freiheit und Verantwortung, Rechten und Pflichten, Recht und Gerechtigkeit; eine überindividuelle Rechtsordnung; die Bürger- und Menschenrechte; die Gleichheit vor dem Gesetz; vielfältige Formen der Machtkontrolle und eine demokratische Willensbildung.
Doch wie ist es in diesen Tagen um die Fußballidentität bestellt?
0:1 gegen Serbien verloren. Nun hofft ganz Deutschland auf einen glorreichen Sieg gegen Ghana am kommenden Mittwoch. Wie lange wird das Gemeinschaftsgefühl der Deutschen bestehen bleiben, wenn Deutschland mit Frankreich nach Hause fliegen muss? Aber bereits vor vier Jahren hat Deutschland gezeigt, dass auch eine Niederlage dem Gemeinschaftsgefühl nichts anhaben kann, denn wie hieß es damals so schön: Wir sind immerhin die „Weltmeister der Herzen“. So bleibt es wohl auch mit dem europäischen Identitätsgefühl: auf dem Weg in ein vereintes Europas stolpern die Europäer über so manches Hindernis, manche Niederlage. Und es wird sich noch zeigen, wie es um das europäische Gemeinschaftsgefühl bestellt ist.
Kristin Engel
Bremen, den 19.06.2010
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen