Samstag, 2. Mai 2009

Europas Flüchtlingspolitik: So hilflos wie die illegalen Einwanderer

Lampedusa ist eines der bekanntesten Beispiele dafür, dass einzelne europäische Länder mit der derzeitigen Situation überfordert sind. Im Fall von Lampedusa ist das Italien. Die Mittelmeerinsel, die lediglich 100 Kilometer vor Tunesiens Küste liegt, gehört zwar geographisch zum afrikanischen Kontinent, ist aber dennoch dem südeuropäischen Staat zugehörig. Als einer der südlichsten Zipfel Europas ist sie für viele Touristen ein attraktives Urlaubsziel. Ein attraktives Fluchtziel ist sie auch.

Überladenes Flüchtlingsboot im Mittelmeer.

Viele afrikanische Flüchtlinge versuchen sie zu erreichen. Allein 2008 kamen 32000 Holzbootflüchtlinge über das Mittelmeer nach Lampedusa. Im Jahr 2000 waren es 2782, 2002 rund 18.000 Flüchtlinge. Die Zahl derer, die es nicht geschafft haben, ist unbekannt.

Das Ankommen im Auffanglager von Lampedusa, welches vor den Touristen und den Einheimischen abgeschirmt wird, bedeutete bisher für viele Afrikaner immer den Anfang für ein Leben in Europa. In der Regel sollten Flüchtlinge nicht länger als einen Tag dort verbringen, ehe sie in ein Aufnahmezentrum auf dem Festland gebracht werden. Die Realität sieht anders aus. Im Schnitt verbringen die Menschen dort eine Woche. Das Lager ist überbelegt und die Bedingungen dort verstoßen laut Amnesty International gegen Menschenrechte. Extrem verschärft hat sich die Situation seit Anfang 2009, als die italienische Regierung beschloss, die Flüchtlinge bis zur Ausweisung einfach auf der Insel zu lassen und von dort nach Tunesien auszuweisen. Daraufhin protestierten die Flüchtlinge im Lager. Die Situation eskalierte als das Lager von der Polizei umstellt wurde und die Afrikaner einen Brand legten, der die Hälfte des Lagers beschädigte.

Soweit die Ausgangssituation. Die Probleme, die Europa mit den Flüchtlingen hat, sind für die EU natürlich keine Neuigkeiten. 2004 wurde deswegen von der EU die „Europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen“ (FRONTEX genannt) ins Leben gerufen. Seit 2005 kontrolliert die Agentur die Flüchtlingsrouten im Mittelmeer. Ihre Aktionen vor der afrikanischen Küste sind umstritten. Der Auftrag von FRONTEX besteht darin die Flüchtlinge, die oftmals alles aufs Spiel setzen um nach Europa zu kommen, zur Umkehr zu bewegen. Dies soll laut Medienberichten durch Nahrungsmittelentzug oder Zerstören der Boote geschehen. Auch von Menschenrechtsorganisationen werden die Methoden von FRONTEX immer wieder kritisiert.

Im Sommer 2008 wurden dann erstmals Richtlinien für die EU-Staaten durchgesetzt, die vor allem die Abschiebebedingungen regeln sollen. Bis 2010 sollen diese von den Nationen umgesetzt werden. Dazu gehört, dass illegale Flüchtlinge höchstens 18 Monate in Abschiebehaft genommen werden dürfen. Einmal abgeschoben, dürfen sie fünf Jahre lang nicht mehr in die EU einreisen. Die Staaten müssen sich zudem verpflichten, die Abschiebungen auch wirklich umzusetzen. In Italien zum Beispiel bekommen zwar viele Flüchtlinge einen Ausweisbescheid, verstecken sich aber einfach vor der Polizei und arbeiten als illegale Feldarbeiter oder ziehen von dort aus weiter in andere Länder Europas.

Die EU-Richtlinien zur Abschiebung, die auch in Island, Norwegen und der Schweiz, aber nicht in Großbritannien und Irland gelten, werden aber kaum die Ursache des Flüchtlingsstroms unterbinden. In Zeiten der Globalisierung und Öffnung zur Welt setzen die Richtlinien eher das Signal einer Abschottung. Anstatt die Ursachen der Massenflucht, wie politische Unzufriedenheit oder religiöse Verfolgung, zu bekämpfen, unterstützen einige europäische Staaten beispielweise Libyen sogar finanziell. Im Gegenzug sorgt die libysche Staatsgewalt dafür, dass die Flüchtlinge gar nicht erst mit dem Boot los fahren. Dass die Flüchtlinge von der libyschen Polizei ohne Wasser in der Wüste ausgesetzt werden, ist den Europäern egal.

(Stefan Heimerl)

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