Ko-finanzierte Programme- Die Finanzierung ist ein Dilemma
Von Necla Süre und Joanna Lawrinowitz
Ein Sprachkurs für türkische Frauen, die eine Arbeit suchen; eine Fortbildung für Arbeitslose, die in ihrem vorherigen Beruf keine Arbeit mehr finden; der nachgeholte Hauptschulabschluss für Heranwachsende - Maßnahmen zur Qualifizierung auf dem Arbeitsmarkt. Nur wenige wissen, woher tatsächlich die Mittel für diese Berufsqualifizierungsmaßnahmen stammen.
Das Geld stammt aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF). Der Europäische Sozialfonds wurde mit Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft 1957 ins Leben gerufen. Seit dieser Zeit schafft er Arbeitsplätze, unterstützt die Menschen durch Ausbildung und Qualifizierung und trägt zum Abbau von Benachteiligungen auf dem Arbeitsmarkt bei. Ziel der Europäischen Union ist es, dass alle Menschen eine berufliche Perspektive erhalten. Jeder Mitgliedstaat und jede Region entwickelt dabei im Rahmen eines Operationellen Programms eine eigene Strategie. Damit kann den Erfordernissen vor Ort am besten Rechnung getragen werden.
Nach einem Verteilungsschlüssel zahlen die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union ihren Beitrag in diesen Fonds ein. Die Einteilung der Mittel verläuft nach zeitlich abgegrenzten Förderperioden. In der aktuellen Förderungsperiode im Zeitraum von 2007 bis 2013 werden 75 Milliarden Euro an die Mitgliedsstaaten ausgeschüttet. Davon gehen etwa 26 Milliarden an die Bundesrepublik.
Bremen als das kleinste Bundesland erhält 94 Millionen. „Verglichen mit den Förderperioden zuvor ist das nicht viel“, sagt Thorsten Armstroff unbeeindruckt von der hohen Summe. Thorsten Armstroff arbeitet bei der Senatorin für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales in Bremen. Dort ist er als Referent für den Europäischen Sozialfond in der Verwaltungsbehörde zuständig und weiß, wie die ESF-Mittel in der Hansestadt verteilt werden. Für die Fördermittel des ESF können sich Institutionen und Organisationen aus verschiedenen Bereichen bewerben. „In der Regel sind das die öffentliche Verwaltung, Nichtregierungsorganisationen, Wohlfahrtsverbände und Projekte, die im Bereich Beschäftigung und soziale Eingliederung aktiv sind“, erläutert Armstroff. Damit sich die Träger für die Mittel bewerben können, findet vorab eine öffentliche Ausschreibung statt.
Die derzeitig ausgeschriebenen ESF Mittel sollen im Land Bremen einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung von Langzeitarbeitslosen und der sozialen Stadtentwicklung zu Gute kommen. Armstroff hält diese Ausschreibung für besonders sinnvoll. „Es handelt sich um Projekte, in denen die Beschäftigten das Stadtbild verschönern, wie zum Beispiel die Erneuerung eines Spielplatzes und das gerade in den Stadtteilen, wo die Langzeitarbeitslosigkeit am Größten ist“.
Anträge für die Förderung dieser Projekte werden zuerst bei der landeseigenen Gesellschaft „Bremer Arbeit GmbH“ eingereicht. Nach sorgfältiger Auswahl, landen die Unterlagen auf dem Schreibtisch von Thorsten Armstroff.
Generell müssen alle EU-Strukturfondsmittel mit nationalen Mitteln ko-finanziert werden, in der Regel mit 50%. Aufgrund der Haushaltssituation von Bund, Ländern und Kommunen, stehen vor allem für den ESF immer weniger eigene Mittel zur Ko-Finanzierung zur Verfügung. Daher sind die Bundesländer seit längerer Zeit dazu übergegangen, die ESF-Mittel mit Mitteln der Bundesagentur für Arbeit zu ko-finanzieren, das bedeutet, dass die staatlichen Transferzahlungen, die Arbeitslose erhalten (Arbeitslosengeld) für die Zeit, die sie an einem ESF-Projekten (Beschäftigung, Qualifizierung) teilnehmen, als Ko-Finanzierung der ESF-Mittel genutzt werden. Nachteil für die Bundesländer: Sie müssen ihre ESF-Programme eng an die Förderpolitik der Bundesagentur für Arbeit koppeln.
Die Verantwortung mit so einem hohen Budget umzugehen, kann manchmal sehr bedrängnisvoll sein, denn das vorhandene Geld muss ausgegeben werden, wie Thorsten Armstroff erzählt. „Verbrauchen wir das Budget nicht, besteht die Gefahr, dass die Europäische Kommission uns unterstellt, es sei kein Bedarf dafür da und deshalb im nächsten Jahr dementsprechend weniger Geld zur Verfügung stellt.“
Daher kommt es nicht vor, dass die Bundesländer es nicht schaffen, das Geld auszugeben.
Doch gerade die europäischen Länder, die durch die aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise am stärksten betroffen sind (südosteuropäische Länder) haben große Probleme, die zur Verfügung stehenden EU-Strukturfondsmittel auszugeben, wie Thorsten Armstroff sagt. Gründe hierfür, meint er, wären unter anderem die fehlenden Strukturen (Arbeitsverwaltung, Wirtschaftsfördergesellschaften, Bildungsträger etc.), die man für die Umsetzung benötigt. „Um die Vorgaben zur Umsetzung von EU-Strukturfondsmittel alle einhalten zu können, benötigen neue Mitgliedstaaten oft Jahre der Anpassung“ so Thorsten Armstroff .
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